33.

Quarry schob den schweren Riegel zurück, öffnete die Tür und winkte Diane hineinzugehen.

»Wo ist sie?«

Quarry deutete nach links. »Da drüben.«

Diane starrte auf die Decke, die auf dem Bett lag. Quarry hob sie hoch. Darunter lag Willa und schlief.

Diane schlich näher heran. »Und wenn sie aufwacht?«

»Ich habe ihr etwas gegeben. In der nächsten Stunde wird sie wohl kaum aufwachen. Sie sieht Ihnen sehr ähnlich«, sagte Quarry leise. »Die Nase, das Kinn. Sie können ihre Augen jetzt nicht sehen, aber sie haben die gleiche Farbe wie Ihre.«

Diane nickte unwillkürlich. Auch sie sah die Ähnlichkeit. »Willa Dutton. Ein hübscher Name.«

»Haben Sie ihr denn keinen Namen gegeben?«

»Nein. Ich wusste, dass ich sie abgeben würde, also habe ich ... Ich meine, ich konnte nicht ...«

Diane streichelte das dunkle Haar des Mädchens. Dann drehte sie sich wieder zu Quarry um und fragte noch einmal: »Sie werden ihr doch nichts tun?«

»Sie ist hier nicht diejenige, die Schuld auf sich geladen hat. Sie eigentlich auch nicht.«

»Aber vorhin haben Sie gesagt ...«

»Es gibt unterschiedliche Arten von Schuld.«

»Also wer ...?«

»Wollten Sie sie abgeben?«

»Wie ich bereits sagte, ich hatte keine Wahl.«

»Und wie ich bereits sagte, haben Menschen immer eine Wahl.«

»Darf ich sie in den Arm nehmen?«

»Nur zu.«

Diane schlang die Arme um Willas Schultern. Sie berührte ihr Gesicht, rieb ihre Wange an der des Mädchens und küsste sie auf die Stirn.

»Woran erinnern Sie sich noch im Zusammenhang mit der Adoption?«, fragte Quarry.

»Da gibt es nicht viel. Ich war erst zwanzig.«

»Und der Vater?«

»Das geht Sie nichts an.«

»Also haben Sie das Mädchen einfach abgegeben.«

»Ja.« Diane schaute ihn an. »Ich hatte kein Geld. Ich ging noch aufs College. Ich konnte nicht für sie sorgen.«

»Also hat man Ihnen das Kind aus der Hand genommen, und Ihr Leben hat sich doch noch gut entwickelt«, sagte Quarry. »Sie haben Ihr Studium beendet und einen prima Job bekommen. Sie haben geheiratet, sind inzwischen aber wieder geschieden. Weitere Kinder hatten Sie nie.«

»Woher wissen Sie das alles?«

»Ich bin nicht besonders klug, aber ich arbeite hart, und ich musste alles über sie wissen.«

»Und wofür tun Sie das?«

»Das geht Sie nichts an.«

Diane drehte sich wieder zu Willa um, als das Mädchen plötzlich stöhnte.

»Wacht sie auf?«, fragte sie ängstlich.

»Sie träumt nur. Aber gehen wir trotzdem zurück.«

Nachdem sie wieder in ihrem Zimmer war, fragte Diane: »Wie lange wollen Sie mich hier noch festhalten?«

»Wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen sagen. Ich weiß es aber nicht.«

»Und Willa?«

»Für die gilt das Gleiche.«

»Sie haben gesagt, der Name ihrer Adoptivmutter sei Pam.«

»Stimmt.«

»Sie muss sich schreckliche Sorgen machen.«

»Das glaube ich nicht«, erwiderte Quarry.

»Warum nicht?«

»Weil sie tot ist.«