23
In meiner Erinnerung besitzt dieser Morgen den Geschmack eines seltsamen Traumes. Ich hielt die Hand eines Toten und sprach mit ihm wie mit einem Menschen aus Fleisch und Blut. Mein Argwohn und meine Angst mußten deutlich in meinem Gesicht zu lesen gewesen sein, aber er verlor keine einzige Bemerkung darüber. Ich konnte meine Augen nicht von ihm wenden. Er sah wieder aus wie er selber, wenn er auch immer noch erschreckend hager war. Sein Gesicht schien gelassen und von einer tiefen Ruhe erfüllt. Die harten, bösen Linien waren fort, trotz seiner Falten und der weißen Haare wirkte er jünger als während unseres letzten Winters auf Salvok.
»Du hast dir den Bart abgenommen«, sagte ich nach langem Schweigen, als wäre das das Wichtigste, was wir zu bereden hatten. Er lächelte mich an, und ich fühlte einen kalten Schauer über meinen Rücken laufen.
»Der Bart hat mir den schlimmsten Ehekrach meines Lebens beschert«, schmunzelte er. »Meine Jihhan hat mir mit der Trennung gedroht, wenn ich darauf bestünde, ihn zu behalten.«
Das mußte ich erst einmal verdauen. Er wartete, ließ mir Zeit. Ich starrte ihn an, musterte jeden Zentimeter seiner Gestalt. Das erstaunlich glatte Gesicht, die sehnigen Hände und Unterarme, die ich wegen der aufgekrempelten Ärmel seiner seltsam geschnittenen schwarzen Jacke sehen konnte – irgend etwas an ihm störte mich, störte mich ungeheuer. Ich bekam es nicht zu fassen.
»Weshalb kannst d-du hier neben mir sitzen?« fragte ich hilflos. »Du bist eins von Julians Geschöpfen, nicht wahr?«
Er schüttelte sacht den Kopf. Seine Augen wirkten klar und hell, ohne ein Anzeichen des mörderischen Wahnsinns, der zuletzt in ihnen gestanden hatte.
»Er hat versucht, mich zu einem seiner Geschöpfe zu machen«, sagte der Mann mit Nikals Gesicht. »Es wäre ihm beinahe gelungen. Ich habe ihm viel, zu viel offenbart, was er niemals hätte erfahren dürfen. Ich war nicht bei Sinnen, und er hat verstanden, das auszunutzen. Schließlich wußte ich mir nicht mehr anders zu helfen: Ich habe versucht, ihn umzubringen. Aber da war ich schon zu sehr beeinträchtigt von dem, was mich fast meinen Verstand gekostet hätte. Es ist mir mißlungen.« Er verstummte und zog schmerzlich die Brauen zusammen. »Du warst bei dem letzten Versuch dabei, oder täuscht mich meine Erinnerung?« fragte er zögernd. Ich nickte. Er seufzte leise, und sein Gesicht nahm wieder den friedvollen Ausdruck an, den es vorher gezeigt hatte.
»Er ließ mich laufen, statt mich zu töten. Vielleicht hoffte er, daß ich den Lockvogel für meine Kameraden spielen würde. Ich weiß es nicht. Meine Erinnerung an diese Zeit ist sehr verschwommen, ich werde sie wohl nie mehr klar zurückbekommen. Du warst irgendwann da, aber du warst nicht wirklich. Du warst nur ein Teil von ihm ...« Er hielt wieder inne und schloß für Sekunden die Augen. Ich hielt die Luft an. Jetzt wußte ich, was mich an ihm störte.
»Wahrscheinlich hast du mir das Leben gerettet«, fuhr er leise fort. »Wenn du mich nicht zu ihnen gebracht hättest – es war schon fast zu spät, mußt du wissen. Akim hat Wunder vollbracht ...« Er lächelte versonnen. Ich sah mit Grausen auf sein verjüngtes Gesicht, auf die glatten Unterarme, auf die Hände ohne ihre alten Schwertnarben und hörte kaum noch auf das, was er mir erzählte.
»Ich will deinen Rücken sehen«, unterbrach ich ihn. Er verstummte und wandte das Gesicht ab. Ich wiederholte meinen Befehl.
Er hob bittend die Hände. »Laß das jetzt, Elloran. Es ist nicht wichtig. Wir müssen über so vieles miteinander sprechen!«
Ich sah ihn kalt und unbeugsam an und erwiderte nichts. Er wand sich. Dann öffnete er widerstrebend seine Jacke und zog sie aus. Ich warf einen neugierigen Blick auf ihre Säume, denn ich hatte keine erkennbaren Verschlüsse an ihnen bemerkt. Ich fühlte ihren Stoff und war beeindruckt von seiner Festigkeit und gleichzeitigen Leichtigkeit. Auch das weiße kragenlose Hemd, das er darunter trug, war aus einem feinen, weichen Stoff gefertigt, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte.
»Weiter«, forderte ich. Er neigte ergeben den Kopf und zog das Hemd aus. Ich griff nach seinen Schultern und drehte seinen Rücken ins Licht. Glatt und hellhäutig lag er vor meinen ungläubigen Augen. Nichts, keine Verletzungen, keine Narben; es war der Körper eines Mannes, der nie einen Kampf oder gar eine Auspeitschung erlebt hatte. Auch die alten Narben auf seiner Brust waren spurlos verschwunden, es hatte sie wahrscheinlich nie gegeben. Ich ließ ihn los, und er zog sich stumm wieder an.
»Erzähle weiter«, forderte ich ihn kühl auf. »Ich habe noch nicht begriffen, wie ich dich sterben sehen konnte und wie d-du es dennoch schaffst, hier neben mir zu sitzen.«
Mit abgewandtem Gesicht sprach er weiter. »Ich bin nicht gestorben, Ell. Das hat vielleicht für deine Augen so ausgesehen – sie hätten es dir ersparen müssen. Akim hat mich betäubt und Galen hat dann ... ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll ... In meinem Kopf war etwas, ein Fremdkörper, der herausmußte, weil er nicht mehr so funktionierte, wie er sollte. Er hat mich gefährdet und darüber hinaus zu einer Gefahr für meine Umgebung gemacht. Galen hat sichergestellt, daß dieses – Ding keinen weiteren Schaden in meinem Gehirn anstellt, bis Akim es endlich herausholen konnte, dort, wo sie mich hinbrachten. Dieser Vorgang hat wahrscheinlich furchterregend ausgesehen, aber es war in Wirklichkeit der erste Schritt zu meiner Heilung.« Er verstummte und sah mich eindringlich an. In seinen hellen Augen stand eine wortlose Bitte. Seine Hand legte sich schwer auf meine.
»Bitte, Elloran. Das ist alles ungeheuer schwer zu erklären, weil du erst mehr über mich – über uns alle – wissen müßtest, um es zu verstehen. Ich hätte warten sollen, bis die anderen zurück sind, aber ich mußte dich endlich sehen, verstehst du? Ich mußte erfahren, wie es dir geht. Wie fühlst du dich, ist jetzt alles gut? Bist du glücklich?«
Seine Stimme war weich und liebevoll. Es würgte mich im Hals. »Es geht mir gut«, antwortete ich mühsam. »Ich lerne, mit meiner Erinnerung zu leben. Es ist nicht einfach, weißt du? Zuerst habe ich das gehaßt, was ich war: meine Selbstsucht, meine Maßlosigkeit, die blinde Rücksichtslosigkeit, mit der ich durch das Leben gegangen bin und erwartete, daß alles nach meinem Kopf zu gehen habe. Aber ich weiß jetzt, daß all das ein T-Teil von mir ist, und ich werde mich darauf einrichten müssen.« Er machte eine schnelle Bewegung, als wolle er mich umarmen. Ich wich leicht zurück, und er hielt inne.
»Bitte, laß mich jetzt alleine. Ich muß erst über das nachdenken, was du mir erzählt hast. Wir können uns an einem der nächsten Tage wiedertreffen.« Meine Stimme klang abweisend und kalt in meinen Ohren.
Er wirkte verletzt, erhob sich aber fügsam. Ich sah ihm regungslos nach, wie er um die Hecke bog und sprang dann eilig auf. Jenka trat aus ihrem Versteck und sah mich fragend an. »War das wirklich der Kommandant?« flüsterte sie erregt.
Ich schüttelte heftig den Kopf. »Jen, bitte folge ihm und s-sieh nach, wohin er geht«, wisperte ich eilig. »Aber sei vorsichtig, ich glaube, es ist Julian!« Sie wollte protestieren, aber ich verschloß ihr den Mund. »Bitte, Liebste! Es ist wichtig!« Sie nickte knapp und lief lautlos hinter ihm her. Ich sank auf der Bank nieder und drückte meine Hände gegen die Wangen. Was hatte er mit diesem Auftritt bezweckt? Was für einen Sinn hatte diese wirre, wahnsinnige Geschichte, die er mir erzählt hatte? Warum hatte er es zugelassen, daß ich mißtrauisch wurde – es wäre doch eine Kleinigkeit für ihn gewesen, Nikal bis in alle Einzelheiten nachzuäffen. Warum hatte er die Narbe unter dem Auge vergessen, weshalb ließ er Nik jünger erscheinen, was war der verborgene Sinn hinter all dem?
Leonie, entschied ich. Ich mußte Leonie Bescheid geben, noch ehe der Zeitpunkt des Duells gekommen war. Vielleicht erkannte sie den Grund für Julians seltsame Machenschaften.
Ich lief in meinem Zimmer auf und ab und kaute an den Fingernägeln. Leonies Tür war immer noch abweisend geschlossen gewesen. Auf mein zaghaftes Anklopfen hatte ich keine Antwort bekommen. Also kehrte ich in meine Räume zurück und wartete auf Jenka. Als sie schließlich eintrat, außer Atem und sichtlich besorgt, schloß ich sie erleichtert in die Arme. »Und? Wo ist er hingegangen?« drängte ich. Sie ließ sich auf das Bett fallen und verlangte nach einem Schluck Wasser. Ich brachte ihn ihr und sah ungeduldig zu, wie sie trank.
»Ich habe ihn verloren«, gab sie erschöpft zu. »Er muß gemerkt haben, daß ich ihn verfolgte, Ell. Er hat mich durch Teile der Burg geschleift, die ich noch nie zuvor betreten habe. Wir waren so hoch oben in diesem verwinkelten Bau, daß ich meinte, die Wolken berühren zu können. Dann führte er mich auf eine Turmplattform, und als ich hinterherging, war er verschwunden.« Ich verbarg das Gesicht in den Händen. Wahrscheinlich hatte er sich wieder in einen Raben verwandelt und war fortgeflogen. O ihr Geister, wie fürchtete ich die Begegnung mit diesem Mann!
Jenka sah meine Verzweiflung und rutschte zu mir hinüber. Sie legte ihre Arme um mich und streichelte mich. »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »War es wirklich dieser widerliche Julian, wie du vermutet hast?« Ich nickte stumm. Sie ballte die Fäuste. »Wenn ich ihn doch nur hätte aufhalten können!«
Ich nahm ihre Hand und küßte sie zärtlich. »Schimpf nicht, meine Geliebte. Ich bin froh, daß du heil und gesund zurückgekommen bist. Ich hätte dich ihm n-nicht nachschicken dürfen. Er hätte dir etwas antun können.« Sie lehnte ihren Kopf an meine Schulter und wandte mir ihr Gesicht zu. Ich streichelte über ihre weiche dunkle Haut und flüstere: »Nicht mehr lange, Liebste. Heute wird es sich entscheiden.« Sie nickte und lächelte zuversichtlich. Aber ich sah die Sorge hinter diesem Lächeln.
Als die Abenddämmerung kam, klopfte es an die Tür, und Jemaina trat ein. Sie wirkte müde und ein wenig traurig. Als sie uns engumschlungen auf meinem Lager hocken sah, wurde ihr Gesicht weich.
»Bist du soweit, Liebes?«
Ich fühlte mein Herz schneller schlagen. »Jemaina, ich muß Leonie etwas berichten«, platzte ich heraus, aber sie winkte ab.
»Das muß warten, Kind. Leonie darf ich jetzt nicht mehr stören. Warum sagst du es nicht mir?« Ich schüttete ihr mein Herz aus, und ihre Miene wurde sehr bedenklich. »Was sollte er damit beabsichtigt haben? Das ist doch völlig sinnlos.« Sie griff nach meinen Händen und sah mir tief in die Augen. »Hat er irgendeinen Zauber an dir versucht, Elloran? Nein, sag jetzt nichts. Ich sehe selbst nach ...« Sie verstummte, und ich sah gebannt in ihre schwarzen Augen. Die Welt um mich versank. Endlich brach der Bann, und sie ließ mich kopfschüttelnd los.
»Nichts«, sagte sie. »Da ist kein Anzeichen einer Beeinflussung. Seltsam ...« Sie wandte sich an ihre Nichte, die uns aufmerksam zugesehen hatte. »Jenka, ich muß dich nun bitten, mir deinen Schützling zu überlassen. Ich kann es dir nicht versprechen, aber Leonie und ich werden unser Bestes tun, daß ihr kein Leid geschieht.« Jenka wurde unter ihrer dunklen Haut blaß, nickte aber tapfer.
Wir umarmten uns fest, und ich flüsterte: »Warte hier auf mich, Liebste. Ich komme heil zu dir zurück, das verspreche ich dir!«
Sie nickte wieder stumm, und ich sah den feuchten Schimmer in ihren Augen. Wir küßten uns, als wäre es ein Abschied für immer. Schließlich räusperte sich Jemaina und mahnte: »Es ist Zeit, Elloran. Trennt euch jetzt, Kinder. Bitte!« Ich wandte mich um und folgte der Heilerin hinaus.
»Wohin gehen wir?« fragte ich nach einer Weile. Wir bewegten uns immer tiefer in den alten Teil der Burg hinein. Sie schrak ein wenig zusammen, als ich sie so aus ihren Gedanken riß und lächelte mich dann aufmunternd an.
»Mach nicht so ein ängstliches Gesicht, Elloran. Wir haben alles Menschenmögliche getan, uns vorzubereiten. Julian ist stark und verschlagen, aber Leonie ist weiser und geschickter als er. Wenn es dir ebenfalls gelingt, ihm zu widerstehen, hat er kaum eine Chance, den Kampf zu gewinnen.« Sie strich sacht über meine Schulter.
Ihre Worte hatten mich nicht gerade aufgemuntert. Hartnäckig wiederholte ich meine Frage. Sie führte mich schweigend zu einer steilen Treppe, und ich dachte zuerst, sie würde mir nicht antworten. »Hinauf auf den Alten Turm«, sagte sie schließlich müde. Dorthin hatte Jenka den falschen Nikal verfolgt!
Wir stiegen die endlose Treppe hinauf, immer höher und höher. Mein Atem ging schwer, als wir endlich die oberste Plattform des Turmes erreichten und ins Freie traten. Der Ausblick war unbeschreiblich. Ich glaubte, ganz L'xhan unter mir ausgebreitet zu sehen – war dort, weit im Süden, nicht sogar das Meer zu sehen wie ein nebliger Streif? Und über mir ein endloser, verglühender Himmel, in dem die ersten Sterne funkelten. Ich blickte hinauf und war benommen von der Schönheit dieses Anblicks.
Jemaina berührte mich sanft an der Hand und bedeutete mir, ihr zu folgen. Wir näherten uns der hohen, schweigenden Gestalt, die reglos in der Mitte der Plattform stand. Ihre gelben Augen waren weit geöffnet und schienen dennoch nichts zu sehen. Wie bei unserer ersten Begegnung erinnerte mich die Oberste Maga an eine wunderschöne, ehrfurchtgebietende Statue; kein Atemzug bewegte die Falten ihres weißen Gewandes, kein Muskel regte sich in ihrem wie gemeißelt wirkenden Gesicht, und kein Blinzeln verriet, daß diese Figur lebte.
Jemaina sprach sie leise an. Die Statue erbebte fast unmerklich. Ihre schweren Lider senkten sich unendlich langsam, und ein langer Atemzug hob ihre Brust. Sie wandte den Kopf und sah mich an. Ihr Blick war ferner als die fremden Sonnen über uns. Ich spürte, wie mein Hals vor Furcht trocken wurde. Die Lippen der Statue teilten sich, und eine Stimme aus der kalten Unendlichkeit flüsterte unmittelbar in meinen Geist. In diesen bangen, beängstigenden Minuten erfuhr ich alles, was die Krone über sich und ihr Amt zu wissen hatte. Ich begriff, daß dies ein wahrhaft einmaliges Ereignis darstellte, ähnlich dem Treueeid, den sie mir geschworen hatte. Noch niemals in der Geschichte hatte eine Thronerbin diese geheimsten aller geheimen Kunden erfahren, ehe sie gekrönt und in ihr Amt eingesetzt worden war. Leonie brach nun diese Regel, und ich ahnte mit kaltem Schrecken, weshalb. Sie befürchtete, den Zweikampf nicht zu überleben.
Das Wispern verstummte, die Vogelaugen sahen wieder in die Ferne. Ich sank wie betäubt von dieser Flut an Wissen in die Knie. Jemaina stützte mich und half mir auf. »Hier, nimm«, sagte sie und reichte mir den fürchterlichen S'aavaranischen Dolch, den Julian mir geschenkt hatte. Ich zuckte zurück und schüttelte mich vor Abscheu. Sie griff nach meiner Hand und legte die Waffe hinein. Meine Finger schlossen sich um den Griff, und ich sah den Blutstein an seiner Spitze unheilvoll aufglimmen.
»Ich will ihn nicht«, flehte ich Jemaina an. »Bitte, nimm ihn zurück!« Doch sie blieb hart und bestand darauf, daß ich ihn in meinen Gürtel steckte. Mit bebenden Fingern folgte ich ihrem Befehl. Dann sah ich ihr zu, wie sie um mich und die starr dastehende Leonie einen Kreis auf dem Boden abschritt und dazu leise Worte intonierte. Sie schloß den Kreis, und er begann sacht, fast unsichtbar zu glimmen. Ich starrte die Heilerin an, als hätte ich sie nie zuvor gesehen. Ihr Gesicht war still und gesammelt. Jetzt hob sie die Hände und rief wortlos. Rund um uns flammte eine Wand aus kalt leuchtendem Feuer auf und schloß uns ein. Jemaina ließ die Arme sinken und lächelte. »Fertig«, sagte sie fast fröhlich. »Jetzt können wir nur warten.«
»Jemaina«, stammelte ich, »d-du bist eine Magierin?« Sie legte mahnend einen Finger auf den Mund. Schweren Herzens gehorchte ich. Regungslos standen wir in dem Kreis mit seinen schimmernden Wänden. Über uns verfärbte sich der Himmel zu leuchtendem nächtlichen Blau. Die Sterne des mondlosen Himmels strahlten und funkelten wie unzählige Edelsteine, und ich betrachtete sie atemlos. Nie zuvor war mir ein Nachthimmel so schön und zugleich so beängstigend erschienen. Ein Windstoß erfaßte Leonies weiße Gewänder, die unheimlich in dem magischen Licht leuchteten, das uns umgab, und ein Seufzen klang in meinen Ohren. Etwas Unsichtbares schien sich zu uns gesellt zu haben. Jemaina regte sich unbehaglich, sagte aber nichts.
Leonie wandte den Kopf und lächelte. »Da bist du«, sagte sie weich. Ein irrlichternder Schemen trat aus dem Schatten und verfestigte sich vor unseren Augen. Schwarzes Haar schimmerte über einem unirdisch bleichen Antlitz, und kaltes grünes Feuer strahlte aus wahnsinnigen Augen, streifte gleichgültig über die Heilerin, ruhte ein wenig länger und fast zärtlich auf mir und wandte sich dann der Obersten Maga zu.
»Da bin ich«, entgegnete Julian sanft. Beider Hände berührten sich in einer liebevoll anmutenden Geste. Lange Zeit bewegte sich keiner von ihnen, sie schienen wortlos miteinander zu sprechen.
Endlich schloß Leonie ernüchtert die Augen und senkte den schmalen Kopf. »Alsdann, es sei«, hauchte sie und löste ihre ebenholzschwarzen Finger von seiner weißen Hand. Sie trat einen fließenden Schritt zurück. Julian regte sich nicht, fixierte sie nur mit einem schmalen Lächeln. Jemaina griff nach meiner Hand und hielt sie fest. Ihr Blick löste sich nicht von der plötzlich zerbrechlich wirkenden Gestalt der Obersten Maga. Leonies goldene Augen schienen größer zu werden und erstrahlten in einem schrecklichen Glanz, der mich zwang, meinen Blick abzuwenden. Ein Gleißen drang durch meine geschlossenen Lider, und als ich meine geblendeten Augen öffnete, standen beide so reglos da wie zu Beginn. Julian lächelte noch immer, doch Leonie schien leicht zu erbeben. Jetzt hob sie die Hände und flüsterte melodisch. Ein zarter regenbogenfarbener Schimmer löste sich von ihren Fingern und schwebte auf Julian zu. Der sah ihm gelassen entgegen, ohne ein Glied zu rühren. Der Schimmer hüllte ihn ein und umschloß ihn wie eine zweite Haut. Sein Glanz verstärkte sich und wandelte sich zu einem tödlichen Violett. Julians Augen strahlten durch das gräßliche Licht, und er schien lautlos zu lachen.
Er hob mühsam, wie gegen einen tonnenschweren Druck seine knochige Hand und zerriß den Dunst, der ihn umgab. Zarte Nebelfäden sanken zu Boden und verschwanden. Leonie wankte und schrie leise auf. Julians Lächeln erlosch, und er richtete sich auf. Drohend ragte seine Gestalt in die Höhe, er griff mit beiden Händen in den Nachthimmel, und seine Stimme dröhnte und donnerte, daß ich mir die Ohren zuhalten mußte, weil ich zu ertauben fürchtete.
Ich konnte meinen schreckensstarren Blick nicht von den beiden Gestalten wenden, die sich dort gegenüberstanden. Leonie hatte die Hände ausgestreckt, ihre langen Finger formten verschlungene Beschwörungen, und ihre Lippen bewegten sich – doch ich konnte die Angst in ihren Zügen lesen. Plötzlich erstarrte sie. Ihre Hände fuhren an ihr Gesicht, sie krallte die Finger in ihre Augen und begann tonlos zu schreien. Durch ihre dunklen Hände leuchtete ein bläulicher Schein, wurde immer stärker und heller. Ich konnte die Knochen in ihren Händen erscheinen sehen, als wäre ihr Fleisch durchscheinend geworden. Ihre Arme fielen kraftlos herab, und Flammen aus gleißendem, blauweißem Licht schossen aus ihren Augen. Sie öffnete den Mund, und das gleiche Licht drang aus ihrem Hals und nahm ihren Schrei mit sich. Gedankenlos wollte ich zu ihr hinstürzen, aber Jemaina hielt mich zurück. Ihr Gesicht war streng und verschlossen.
Julian betrachtete ungerührt seine von innen verglühende Lehrerin und lächelte sanft. Leonie brach lautlos zusammen wie eine Puppe, deren Fäden durchgeschnitten wurden. Sie lag mit weit offenen Augen, die in geschmolzenes Metall verwandelt zu sein schienen, und mit ausgebreiteten Gliedern auf dem Boden der Plattform.
Julian nahm einen tiefen Atemzug und wandte sich zu mir. Ich sah ihm versteinert entgegen, wie er sich mir geschmeidig näherte und mein Gesicht in seine Hände nahm. Neben mir machte Jemaina keine Anstalten, ihn daran zu hindern. »Du bist nun mein, Geliebte«, hauchte er und drückte seine Lippen auf meinen Mund. Sein Kuß war zugleich kalt und von schmelzender Süße. Ich wollte mich von ihm befreien, aber all mein Widerstand schmolz mit diesem Kuß dahin. Ich sank ihm entgegen und umarmte ihn leidenschaftlich. Er war es, der sich schließlich von mir löste.
Mit einem triumphierenden Lächeln streichelte er über mein Gesicht und flüsterte: »Warte nur noch einen Augenblick, meine ungeduldige Liebste. Ich muß noch etwas holen, das mir gehört.«
Von unsäglichem Abscheu und Ekel geschüttelt, und doch magisch von ihm angezogen, sah ich ihm nach, wie er sich der reglos daliegenden Gestalt näherte und neben ihr niederkniete.
»Jetzt erst ist es wirklich vorbei«, erklärte er ruhig. »Jetzt ist unser Spiel beendet. Ich habe gewonnen, alte Frau, und ich nehme mir mein Eigentum.« Er schob das Gewand hoch, das ihren linken Arm bedeckte, und ich begriff, daß er ihr den Silberreif abnehmen wollte, der das Zeichen der Obersten Maga war. Ich konnte nicht erkennen, was er machte, aber ich sah, wie er erstarrte und einen zutiefst erstaunten Ausruf tat.
Jemaina seufzte neben mir und trat einen Schritt vor. »Du suchst das?« fragte sie und hob ihren Arm. Der dunkle, weite Ärmel ihres Hemdes fiel zurück, und ein breiter Reif an ihrem Handgelenk blitzte auf.
Julian fuhr herum und blickte mit der gleichen Verständnislosigkeit wie ich auf den Armreif. »Wieso hast du ihn?« fauchte er und trat einen Schritt auf sie zu. »Gib ihn her, Frau, er ist nach allen Regeln unserer Zunft mein!«
»O nein«, erwiderte sie heiter. »Du hattest deinen Kampf mit Leonie, alter Freund, aber hierum mußt du mit der Obersten Maga kämpfen!«
Er keuchte auf, als er begriff. »Du! Du olyssisches Hexenweib maßt dir an ...« Sie hob gebieterisch die Hand, und er verstummte mit hervorquellenden Augen.
»Schweig«, rief sie scharf. »Du vergißt dich! Ich bin dein rechtmäßiges Oberhaupt und verlange deinen Respekt. Wenn du diesen Reif willst, dann mußt du zuerst mit mir darum kämpfen!«
Er stemmte die Arme in die Seiten, legte den Kopf in den Nacken und schrie vor Lachen. »Du glaubst, mir auch nur eine Minute widerstehen zu können?« Er wies mit einer abfälligen Bewegung auf Leonie. »Sieh, was ich aus ihr gemacht habe, die tausendmal stärker war als du. Und nun fordere ich dich, du lächerliches Kräuterweib!«
Er hob die Hände und deutete auf Jemaina. Sie stand unerschütterlich lächelnd da. Ein blauer Blitz prallte an ihr ab und floß in den Boden. Julian lachte siegesgewiß und böse und sandte den nächsten Blitz und den übernächsten. Schneller und schneller zuckten die Blitze auf und zerstoben wirkungslos an der stämmigen kleinen Frau. Inmitten des leuchtenden Gewitters bemerkte ich, wie die am Boden liegende Gestalt hinter Julian sich zu bewegen schien, sie zerfloß, wurde kleiner und verschwand.
Jemaina griff nach meiner Hand und keuchte: »Laß ihn auf keinen Fall aus den Augen, Elloran!« Ich spürte, wie ein Strom der Kraft zwischen uns ins fließen kam. Etwas flatterte durch die tosenden Blitze und stieß auf Julians Kopf nieder. Er kreischte auf und hob schützend die Hände. Die Blitze versiegten, und ich erkannte eine kleine schwarzweiße Rabin, wie sie wieder und wieder auf Julian niederfuhr und nach seinen Augen hackte. Er wehrte sie hastig ab, schrie einen Fluch und sprang hoch in die Luft. Im Springen verwandelte er sich, breitete seine Flügel aus und griff den anderen Vogel heftig an. Die beiden begannen einen tödlichen Tanz über unseren Köpfen.
Jemaina lief der Schweiß in Strömen über das emporgewandte Gesicht, und ich spürte, wie sie vor Anstrengung am ganzen Leib zitterte. Meine Kraft rann aus mir heraus wie Wasser aus einem Sieb. Die beiden kämpfenden Raben flatterten durch Blitze aus blauem und violettem Licht, kreisten lautlos umeinander, stürzten sich wieder aufeinander, trennten sich erneut.
»Weißt du, welcher von ihnen Julian ist?« ächzte Jemaina. Ich nickte, der Schweiß lief mir in die Augen, und ich versuchte, nicht zu blinzeln. »Dann mußt du es jetzt tun, Ell. Ich kann nicht mehr lange ...« Sie stöhnte auf und drohte, in die Knie zu sinken. Ich packte sie und hielt sie fest. Ich weiß nicht, woher ich ahnte, was sie von mir verlangte, aber mit traumwandlerischer Sicherheit griff ich nach dem Dolch in meinem Gürtel und zog ihn heraus. Ich wog ihn in der Hand und zögerte. Wenn ich mich irrte ...
»Jetzt!« schrie Jemaina, und ich schleuderte ihn mit einem hastigen Stoßgebet auf die Raben über unseren Köpfen. Er wirbelte durch die Luft. Sein Blutstein strahlte in dunklem Feuer. Der Dolch traf den Vogel, für den er bestimmt war, und ein roter Blitz blendete mich für Sekunden. Ein grauenhafter Schrei zuckte durch die Nacht, hallte vom Firmament wider und verklang nach einer schrecklichen Ewigkeit zwischen den Sternen. Ich fiel durch die endlose Dunkelheit und weinte um einen namenlosen Tod.
Als ich wieder sehen konnte, lag Leonie wie zuvor vor unseren Füßen am Boden. Zwischen ihren gekrümmten, leblosen Fingern hielt sie eine versengte schwarzweiße Feder. Wir waren allein auf der Plattform. Jemaina kniete neben ihr nieder, und ich folgte ihr verzweifelt. Wir beugten uns über Leonie; ihre Lippen bewegten sich zitternd, und sie flüsterte fast unhörbar: »Julian?«
Jemaina berührte sanft ihr Gesicht und sagte: »Wir haben gesiegt. Er ist vernichtet, Leonie.«
Blutige Tränen rannen aus den geblendeten Augen. Jemaina wischte sie fort und küßte das geschundene Gesicht. Dann wandte sie sich zu mir und fragte: »Kannst du sie tragen, Elloran? Wir müssen sie hineinbringen, aber ich kann mich selbst kaum noch auf den Füßen halten.«
Sie wandte sich um, ohne auf meine Antwort zu warten und ließ mit einer Handbewegung den Lichtkreis verschwinden. Es wurde dunkel um uns, und ich blickte ein letztes Mal in dieser Nacht auf und betrachtete den schweigenden Himmel. Dann beugte ich mich nieder, schob meine Hände unter den schmalen Körper der Magierin und hob sie mühelos auf. Es war, als besäße sie keinerlei Gewicht mehr; kaum schwerer als ihre federleichten Gewänder, lag sie in meinen Armen.
Jemaina ging mir voraus. In ihrer Handfläche brannte ein kleines, geisterhaftes Licht und beleuchtete die Stufen der Treppe. Es schien Stunden zu dauern, bis wir hinabgestiegen waren – und Tage, bis wir an Leonies Gemächern ankamen. Vor Jemaina öffnete sich die schwere Tür, und ich folgte ihr stolpernd vor Erschöpfung hinein.
Wir betteten Leonie auf ihr Lager. Jemaina ließ sich schwer in einen Sessel neben dem Bett fallen. Stumm blickte ich auf das dunkle Antlitz der alten Frau herab. Ihre blinden Augen schienen mich anzusehen, aber ich wußte, daß sie nie wieder etwas würde erblicken können. Hilflos griff ich nach ihrer schlaffen Hand. Sie regte sich schwach, und ein Zucken ging durch ihre Finger.
»Laß uns allein«, murmelte Jemaina müde. »Ich werde mich um sie kümmern.« Zögernd wandte ich mich zur Tür.
»Elloran«, hielt mich ihre Stimme auf. Ich wartete. »Du warst eine Hilfe, Kind. Eine sehr große Hilfe. Ohne dich hätten wir ihn nicht besiegen können.« Ich antwortete nicht. Zu sehr fraß die Schande an mir, daß ich ihm erneut nicht hatte widerstehen können, daß ich nur zu bereit gewesen war, ihm zu folgen. Ich nickte und ging.
Jenka schlief nicht. Sie lag auf dem Bett und wartete. Ich sah ihr Gesicht aufleuchten, als ich eintrat. Wir hielten uns fest, und ich vergrub mein Gesicht an ihrer Schulter. Sie streichelte über meinen Kopf und fragte: »Ist es vorbei?« Ich nickte nur. Sie zog mich auf das Bett, ich barg den Kopf in ihrem Schoß und überließ mich ihren tröstenden Händen. Irgendwann muß ich einfach vor Erschöpfung eingeschlafen sein, denn als ich die Augen wieder aufschlug, war lichter Morgen. Ich lag an meine schlafende Freundin geschmiegt und rührte mich nicht, um sie nicht zu wecken. Die Bilder der vergangenen Nacht zogen an meinen Augen vorbei und machten mich frieren. Jenka zog mich enger an sich und murmelte schlaftrunken. Ich bemühte mich, Erleichterung zu spüren. Julian war tot, er würde mich nicht mehr bedrohen. Leonie – was war mit ihr? Ob Jemaina es geschafft hatte, sie ins Leben zurückzuholen? Jemaina – meine alte Vertraute Jemaina – war nun die Oberste Maga. Es erschien mir unfaßbar. Kein Gefühl der Erleichterung wollte sich einstellen. Konnte es denn wahr sein, daß ich um diesen furchtbaren Zauberer trauerte? War sein Einfluß auf mich etwa so stark gewesen, daß er sogar seinen Tod überdauerte?
»Nein!« entschied ich laut und heftig. Jenka schnaufte erschreckt und erwachte.
»W-was ist?« rief sie und wollte aufspringen, um nach ihrem Schwert zu greifen. Ich hielt sie zurück und bat sie um Vergebung. Sie setzte sich auf und fuhr sich durch die kurzen Locken, die nach allen Seiten abstanden. »Uuuuh«, gähnte sie herzhaft. »Warum bist du schon so früh wieder wach? Wir haben doch erst ein paar Stunden geschlafen.«
Ich lachte und zauste ihr Haar. »Ab heute brauche ich deine Bewachung nicht mehr«, neckte ich sie. »Wie wollen wir meiner Großmutter jetzt die Notwendigkeit erklären, ein Quartier zu teilen?«
»Und ein Bett«, warf sie grinsend ein und umarmte mich.
»Und ein Bett«, stimmte ich zu und verschloß ihre Lippen mit einem Kuß.
»Ruhe dich noch etwas aus«, schlug ich ihr dann vor, als ich ihre müden Lider bemerkte. »Ich b-bin schon zu wach, ich werde gehen und nach Leonie sehen.« Sie ließ sich in die Kissen zurückfallen und lächelte dankbar und schon wieder halb im Schlummer.
Ich fand Jemaina und Leonie so vor, wie ich sie verlassen hatte. Jemaina schien nicht geruht zu haben, aber sie saß straff und wachsam an Leonies Seite und hielt ihre reglose Hand. Leonie lag da wie tot. Aus ihren Augen rannen noch immer Tränen. Ich setzte mich stumm zu ihnen und sah auf das blinde Gesicht.
»Wird sie es schaffen?« fragte ich flüsternd. Jemaina sah mich an, und ich erschrak über ihren hoffnungslosen Blick.
»Ich weiß es nicht«, hauchte sie. »Ich denke, sie will nicht mehr zurück. Sie weint um ihn. Ich hätte nicht zulassen dürfen, daß sie gegen ihn kämpft – aber wir hätten ihn ohne sie niemals besiegen können. Julian war der stärkste Magier, den das gemischte Blut je hervorgebracht hat.«
Ich legte meine Hand auf die beiden ineinander verschlungenen Hände auf der Bettdecke. Leonie, flehte ich stumm, komm zurück! Ich brauche dich doch – ich liebe dich! Bitte, laß uns nicht allein.
Wir saßen lange so da, in unsere Gedanken versunken. Endlich seufzte Jemaina und löste ihre Finger von Leonies schmaler Hand. Sie stand auf und streckte ihre verkrampften Glieder. »Komm, Elloran, gehen wir ein wenig hinaus auf den Altan«, schlug sie vor. »Was auch immer jetzt mit ihr geschieht, ich kann ihr nicht mehr dabei helfen. Sie muß es aus eigener Kraft schaffen.«
Die helle Morgensonne schien warm und freundlich auf den Steinboden. Wir setzten uns nebeneinander auf die niedrige Brüstung. Ich musterte aus zusammengekniffenen Augen die Heilerin, die ich nun schon mein Leben lang kannte. Sie erwiderte meinen Blick mit einem leisen Lächeln.
»Was siehst du?« fragte sie mit sanftem Spott.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte ich ehrlich. »Ich habe n-nie geahnt, daß du eine von ihnen bist.«
Sie lehnte den Kopf zurück an die sonnenbeschienene Wand, und ich sah die feinen Linien der Erschöpfung um ihre schwarzen Augen. Ihre Hände gruben in den tiefen Taschen ihres weiten Rockes und förderten ihre geliebte Pfeife zutage. Ich sah zu, wie sie sie mit flinken Fingern aus einem kleinen Lederbeutel füllte und dann in Brand setzte. Wie oft in meinem Leben hatte ich dieses vertraute Ritual beobachtet – und nie war mir aufgefallen, daß sie den Tabak ohne Hilfsmittel entzündete! Jetzt erinnerte ich mich der unzähligen Male, die ich den magischen Vorgang offenen Auges mitangesehen hatte, wobei mein Geist dennoch vollständig blind dafür gewesen war.
»J-Julian«, fragte ich. »Hat er es auch nicht gewußt?« Sie stieß einen Rauchkringel aus und schüttelte belustigt den Kopf. »Ich habe seinen Geist genauso ablenken können wie den deinen«, erläuterte sie. »Es ist eine recht seltene Gabe, die meisten meiner Kollegen sind dadurch sogar noch leichter zu täuschen als gewöhnliche Sterbliche.« Sie schmunzelte und sog an ihrer Pfeife. Ich mußte lachen. Sie schloß die Augen und rauchte schweigend.
»Du wirst dann ja meine Hand sein«, erkannte ich plötzlich. Ein warmes Glücksgefühl schoß durch meine Adern. »Du und Jenka!« rief ich und umarmte sie stürmisch.
»He, nicht so heftig«, mahnte sie. »Du beförderst uns beide noch über die Brüstung – und ich fliege lange nicht so gut wie Leonie!« Die Erwähnung ihres Namens dämpfte mein Hochgefühl erheblich. Ich sah Jemaina zu, wie sie still ihre Pfeife rauchte und bat die Göttin, Leonie den Weg zurück in die Welt der Lebenden zu weisen.
Endlich klopfte die Heilerin ihre Pfeife aus und erhob sich mit einem kleinen, erschöpften Laut. »Ich werde mich jetzt ein wenig hinlegen«, sagte sie. »Wenn ich vor Müdigkeit umfalle, nütze ich niemandem etwas. Im Augenblick kann ich für Leonie ohnehin nichts tun. Du solltest inzwischen Karas von allem berichten, was sich zugetragen hat.«
Ich stimmte schweren Herzens zu und begab mich in die Räumlichkeiten meines Großvaters. In seinem Arbeitszimmer stöberte ich ihn dann endlich auf. Er sah mich eintreten, und seine Augen wurden groß vor Schreck.
»Warum läufst du alleine durch die Burg?« rief er entsetzt aus. »Wo ist deine Leibwache? Weshalb hat sie dir erlaubt, dein Zimmer zu verlassen?«
Ich kniete mich neben ihn und umarmte ihn. »Es ist vorbei, Großvater. Julian ist tot, und Leonie ist sehr schwer verletzt.«
Er tat einen hastigen Atemzug. »Wo ist sie?« fragte er leise.
»Auf ihrem Zimmer. Jemaina k-kümmert sich um sie. Großvater, Jemaina ist nun die Oberste Maga. Leonie hat ihr das Amt übertragen.«
Er machte Anstalten, sich aus dem Stuhl zu erheben. Ich legte ihm besänftigend die Hand auf den Arm und bemerkte besorgt seinen schwerer werdenden Atem.
»Bitte, Großvater, reg dich nicht auf. Jemaina tut für sie, was sie kann, aber im Augenblick brauchen beide ihre Ruhe.« Er sank zurück und schloß die Augen. »Soll ich Veelora holen?« fragte ich, erschreckt über sein graues Gesicht. Er nickte schwach. Ich streichelte hilflos seine faltige Wange und lief los.
Veelora behielt wie meist die Nerven. Sie ließ sich von mir das Nötigste erklären, während wir im Laufschritt zu Karas eilten. »Du bist sicher, daß Julian tot ist?« war ihre einzige Frage. Ihre Stimme schwankte leicht, als sie sie stellte. Ich erinnerte mich an den Schrei, den der Magier ausgestoßen hatte und nickte schaudernd. Wir traten in Karas' Arbeitszimmer und fanden ihn über seinen Schreibtisch gebeugt. Er hatte das Gesicht in den Händen verborgen und atmete schwer und schluchzend.
Veelora kniete sich neben ihn. »Was ist dir, Liebster?« fragte sie angstvoll und warf mir einen scharfen Blick zu.
»Soll ich Jemaina w-wecken?« fragte ich schnell, aber sie hieß mich warten. Sie umschlang seine Schultern und legte ihre Stirn an seine. Ich hörte ihr Flüstern und seine erstickten Antworten, ohne die Worte zu verstehen. Endlich blickte sie auf und schickte mich mit einem leisen, beruhigenden Kopfschütteln hinaus.
Ich schloß leise die Tür hinter mir und wanderte ziellos durch die Gänge. Meine Füße trugen mich den gewohnten Weg in den Rosengarten, und ich fand mich schließlich beim Labyrinth wieder, ohne zu wissen, wie ich dorthin gelangt war. Ich sah auf die zerhauenen Hecken, die von den emsigen Gärtnern der Krone schon fast vollständig repariert worden waren und trat wie eine Schlafwandlerin in den Irrgarten hinein. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber wie in einem Traum nahm ich es vollkommen gelassen hin, daß dort im Zentrum ein Mann auf mich wartete, der eigentlich hätte tot sein müssen. Er sah mir entgegen, und sein Blick verriet nicht, was er fühlte. Wortlos setzte ich mich neben ihn und wartete.
»Du siehst müde aus«, sagte Nikal zurückhaltend. »Ist etwas geschehen?«
»Julian ist tot«, antwortete ich genauso. »Leonie liegt im Sterben. Mein Großvater hatte einen seiner Anfälle, und du bist wieder hier, obwohl ich immer noch nicht weiß, wie das eigentlich möglich ist. Aber sonst ist alles beim Alten.« Er gluckste überrascht. Das Geräusch riß mich aus meiner seltsamen Lethargie. Ich packte ihn und krallte meine Finger in seine Oberarme. Er verzog keine Miene, obwohl mein Griff ihn schmerzen mußte.
»Ich frage dich noch einmal«, flehte ich ihn an. »Was für ein Wesen bist du? Wer schickt dich? Sollst du mich um meinen Verstand bringen?« Mein Gesicht war dicht an seinem, und er erwiderte meinen Blick seltsam unpersönlich.
»Du weißt, wer ich bin«, antwortete er ruhig. »Warum willst du es nicht glauben, Kind?« Ich ließ ihn los und wandte meine Augen ab. Seine Hand legte sich auf meine Schulter und drückte sie sacht.
»Ich glaube nichts mehr«, sagte ich hart. »Ich bin zu oft getäuscht worden. Von meinen Großeltern, von Tom, von Julian, von meinen eigenen Wahrnehmungen. Ich habe geglaubt, T'svera zu sein; ich habe geglaubt, daß Cesco mich liebt; ich habe geglaubt, deinen seltsamen Freunden vertrauen zu können ...«
Der Druck seiner Hand wurde stärker. Er zwang mich, ihn anzusehen. »Ich habe dich ebenso belogen und verraten wie alle anderen. Das meinst du doch, oder?« Sein kalter Blick erwärmte sich unmerklich, und der unerbittliche Zug um seinen Mund wurde weicher. »Warum machst du es dir immer noch so schwer?« fragte er leise. »Du verzeihst dir selbst nicht, Elloran, ist es nicht so?«
Ich biß die Zähne zusammen. Er lächelte verhalten, und ich suchte darin nach Spott. Aber er weigerte sich, meinen zornigen Erwartungen zu entsprechen.
»Meine Freunde sind zurück«, sagte er gelassen. »Ich werde mit ihnen fortgehen. Ich möchte meine Heimat wiedersehen, ich war zu lange fort. Und meiner Jihhan geht es mit Sicherheit genauso. Wir sehen uns wahrscheinlich bald zum letzten Mal, Tochter. Wenn du dich also noch mit mir aussprechen willst, mußt du dich schnell dazu entschließen.« Er stand auf und ging ohne ein weiteres Wort fort. Versteinert blickte ich ihm nach. Wie hatte er mich gerade genannt?
»Nikal«, schrie ich aus vollem Hals und rannte hinter ihm her. »Nikal!« Ich kam hinaus in den Garten und sah mich wild um. Sein schlanker Rücken verschwand gerade zwischen zwei Büschen. Ich hetzte hinterher, immer noch seinen Namen rufend. Hinter der Ecke wartete er auf mich, blickte mir schweigend entgegen, als ich keuchend herankam.
»Ist das wahr?« japste ich. »Ist das wirklich wahr?« Er antwortete nicht, sah mich nur stumm an. Ich hob meine Faust wie zum Schlag in sein alt-junges Gesicht und schrie: »Warum hast du es mir n-nie gesagt?«
Er fing meine Hand ab und zog mich an sich, obwohl ich mich dagegen sträubte. »Hätte ich es dir sagen sollen?« flüsterte er sanft in mein Ohr. »Hätte ich dir zu allem anderen auch noch das Wissen aufbürden sollen, daß du ein Bastard bist?«
Empört riß ich mich los. In seinen Augen konnte ich klar und deutlich das Bewußtsein seiner Schuld lesen. Er hob bittend seine Hände. »Elloran, bitte versetze dich doch in meine Lage. Wie hätte ich es dir denn erklären sollen? Ich war der Gefolgsmann deines Vaters und der Spion deiner Großmutter, und ich habe deine Mutter ...« Ich schrie auf und schlug mit aller Kraft zu. Er taumelte zurück und schüttelte benommen den Kopf. Seine Nase begann heftig zu bluten.
»Du! Du bist der Schlimmste von allen! Gegen dich war ja sogar Julian ein Ehrenmann!« Wieder schlug ich auf ihn ein. Er packte meine Handgelenke, und wir rangen miteinander. Schließlich zwang ich ihn zu Boden, was mir in keiner unserer früheren Raufereien je gelungen war, und stand schwer atmend über ihm. Er lag auf dem Rücken und sah zu mir auf. Sein Gesicht war blutverschmiert, ein Auge begann zuzuschwellen, und sein ganzer Körper bebte. Zuerst glaubte ich, er weine, ehe ich fassungslos einsehen mußte, daß ihn ein ungeheures, stummes Gelächter schüttelte. Ich stieß einen wortlosen Laut des Abscheus aus und warf mich neben ihm auf die zertrampelte Erde, um ebenfalls in hilfloses Lachen auszubrechen. Wir hielten uns in den Armen und ließen uns von einem wahren Ozean des Gelächters davonspülen.
»Du bist inzwischen wahrhaftig stärker als ich«, keuchte er und wischte sich die Lachtränen fort. Dabei verschmierte er das angetrocknete Blut über sein ganzes Gesicht, und dieser Anblick ließ mein eben versiegendes Lachen wieder aufbrodeln. Ich schnappte heftig nach Luft und versuchte, sein Gesicht mit meinem schmuddeligen Taschentuch zu säubern. Doch damit machte ich alles nur noch schlimmer. Er nahm mir das Tuch fort und wischte selber an sich herum. Dann gab er es auf und legte seinen Arm um mich. »Ich bin stolz auf dich«, sagte er verlegen.
»Du hast dir immer eine Tochter gewünscht, die dir die Nase blutig haut, sag es ruhig!« kicherte ich erschöpft und lehnte mich an ihn. Wir saßen friedlich nebeneinander auf dem Gartenweg. Ich sah ihn zum ersten Mal ohne Groll an. Seine fremdartigen Kleider waren verrutscht und voller Erde, und das Haar hing zerrauft in seine Stirn, sein unverletztes Auge strahlte, und ich liebte ihn, wie ich ihn als Kind geliebt hatte. Er hob sacht eine Hand und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Bei unserer Rangelei hatte sich wieder einmal das Lederband aus meinem Zopf gelöst. Meine Haare hingen wild an mir herunter, außerdem war mein Hemdärmel zerfetzt, und die Hose zierte ein langer Riß, durch den ich einen prächtigen Bluterguß an meinem Knie aufblühen sehen konnte.
»Wir sehen toll aus.« Er grinste. »Wenn uns deine Leibwächterin so sieht, erschlägt sie mich sofort, wollen wir wetten?«
Ich stand ächzend auf und belastete vorsichtig mein angeschlagenes Knie. Dann reichte ich ihm die Hand und half ihm auf. »Du hast mich getreten«, sagte ich vorwurfsvoll, während wir aufeinandergestützt zum Haus hinkten. »Dabei hast du mir früher immer gepredigt, ge-gerecht zu kämpfen.«
»He, was nennst du gerecht?« protestierte er empört. »Stürzt dich ohne Vorwarnung auf einen alten Mann und schlägst ihn beinahe zum Krüppel, ist das etwa gerecht? Ich habe dich in reiner Notwehr getreten, das ist erlaubt!« Eine von Veeloras Wachen sah uns kopfschüttelnd nach, wie wir lachend und stöhnend an ihr vorbeiwankten.
Auch Jenka schüttelte nur verständnislos und vorwurfsvoll den Kopf, als sie uns bemerkte. Aber sie half uns, unsere Blessuren zu versorgen und ließ uns dann rücksichtsvoll allein, nachdem sie ein kräftiges, sehr spätes Frühstück aufgetischt hatte. Meine alberne Stimmung war verflogen, und ich saß um Worte verlegen meinem Vater gegenüber. Während wir aßen musterte ich ihn verstohlen und verglich sein Aussehen mit dem alten Nikal, den ich so lange gekannt hatte. Er schien verändert, sogar stärker verändert, als er es in seiner schrecklichen Erscheinung in Sturmhaven gewesen war. Ich wußte nicht recht, wie ich es benennen sollte. Mit all seinen Narben schien auch der einfache, geradlinige Soldat verschwunden zu sein und hatte einer anderen, vielschichtigeren Person Platz gemacht. Trotzdem war es mein alter Lehrer, der da vor mir saß und mich genauso verlegen musterte, wie ich ihn.
Ich begriff plötzlich etwas. »Du bist einer von ihnen«, sagte ich erstaunt. »Du bist einer der Fremden, du gehörst wirklich zu ihnen.« Er hatte es mir gesagt, sie hatten es mir alle gesagt, aber ich hatte nie wirklich begriffen, was das bedeutete. »Was s-seid ihr für Geschöpfe?«
Er senkte den Kopf und dachte nach. »Einige von uns sind Menschen, mit den gleichen Vorfahren wie du und deine Leute«, begann er vorsichtig.
»Tom? Galen? Ranan?«
Er seufzte. »Sie sind ein großes Risiko eingegangen, dich so nah an sich heranzulassen. Wir haben strikte Anweisungen, uns nie zu lange an einem Ort aufzuhalten, damit unsere Andersartigkeit nicht bemerkt wird. Denn sie wird unwiderruflich auffallen, wenn man eng mit uns zusammenlebt.«
Er hielt inne, und ich runzelte die Stirn. »Aber du hast fast ein Leben lang mit uns auf Salvok gelebt.«
Er lächelte kurz. »Ich war ein Experiment. Ich stamme, wie gesagt, von der gleichen Art ab wie ihr. Meine Geschichte, mein Hintergrund als Norrländer«, er tippte sich kurz an die Stirn, »das wurde mir hier eingepflanzt, mit allen Kenntnissen über Sprache, Verhalten, Regeln, Glauben ... eben alles, was einen Bewohner deiner Welt ausmacht. Es gelang wunderbar, bis das Implantat anfing herumzuspinnen ...«
»Augenblick«, unterbrach ich ihn aufgeregt. »Was soll das jetzt heißen: m-meine Welt? Ihr seid doch auch von dieser Welt, nur eben anderer Art als wir!«
Er verzog das Gesicht und betastete vorsichtig sein zugeschwollenes Auge. »Nein«, antwortete er kurz und trank einen großen Schluck Tee. Ich starrte ihn mit offenem Mund an.
»Nein?« fragte ich, nicht sicher, ihn richtig verstanden zu haben. Er schüttelte stumm den Kopf und beobachtete mich starr. Ich wollte etwas sagen, aber mein Gehirn war plötzlich ganz leer.
Er ergriff sanft meine Hand und betrachtete sie, als hätte er nie zuvor eine Hand gesehen. »Erzähle mir, was du von den Sternen weißt.«
»Es sind Sonnen wie unsere Sonne, nur sehr weit weg. Um viele von ihnen kreisen Welten wie unsere, die auch von Lebewesen wie uns bewohnt werden ...« Ich verstummte, und meine Augen wurden immer größer, als ich über das nachdachte, was ich gerade gesagt hatte.
Er verkniff sich ein Lachen und fragte unschuldig: »Woher weißt du das?«
»Alle wissen das. Jedes Kind hätte dir das sagen können.«
»Ja, aber woher könnt ihr das wissen? Niemand von dieser Welt war jemals auf einer dieser anderen Welten, oder?«
Ich war sprachlos. »Es ist eigentlich ganz einfach«, beantwortete er seine Frage nach einer Weile selbst. »Du und die anderen Bewohner deiner Welt, ihr stammt von Reisenden ab, von Kolonisten, die hier vor undenklichen Zeiten gelandet sind. Ihr habt fast alles vergessen, was mit dieser Reise zusammenhängt, aber die Erinnerung an die Sterne habt ihr während all der Jahrhunderte in euch wachgehalten.« Er sah mein Gesicht und sagte sanft: »Der Gedanke mag zuerst beängstigend sein, aber ich weiß, dein Volk ist bereit dazu, ihn zu bejahen. Deshalb sind wir hier: um herauszufinden, ob wir euch wieder zurückholen können in die Allianz. Es hat einen jahrhundertelangen Krieg gegeben, während dem unsere Verbindung zu vielen Welten wie der deinen abgerissen ist, aber wir haben unsere Verlorenen Kolonien nicht vergessen. Wir haben euch nie vergessen. Ihr seid unsere Geschwister, Elloran.«
»Die anderen?« fragte ich mühsam.
Er sah mich mitfühlend an. »Du kennst das Halsband der Göttin.« Ich nickte. Es war eines der schönsten Sternbilder an unserem Himmel. »Der weiße Stern ganz links außen«, fuhr er fort. Ich nickte wieder. »Das ist Galens Heimatsonne, in der Sprache von Akims Vorfahren wurde sie Atair genannt. Wenn du jetzt von dort nach links gehst, in der genauen Verlängerung, der große blauweiße Stern im Sternbild des Hornes«, er wartete auf mein Nicken. All diese Sterne hatte er mir einst selbst gezeigt, ich hatte auf seinem Schoß gesessen und mit ihm in den Nachthimmel geblickt und konnte nie genug davon bekommen. »Das ist Deneb – auch in der alten Sprache der Erde. Die Bewohner seines fünften Planeten nennen ihn Skrixan, dorther stammt Ranan.«
»Erde?« fragte ich schwach. Das war unser Name für meine Welt.
Er lächelte. »Fast alle Bewohner einer Welt nennen ihre Heimat so. Für Quinn, für mich und zu einem Teil auch für Akim bedeutet das, von einem Volk in einem Arm unserer Galaxis abzustammen.« Er hob seine Hand, um meiner Frage zuvorzukommen. »Bitte, ich erkläre dir all das lieber später, wenn ich dir auch das eine oder andere dazu zeigen kann. Nur soviel: Keiner von uns ist auf dieser Mutterwelt geboren, wir stammen alle aus ihren Kolonien – bis auf Omelli selbst. Die Erde, von der unsere Vorfahren kommen, hat in ihrem Drang, über ein immer größeres Gebiet zu herrschen, ihre Nachbarn mit einem schrecklichen, grausamen, Jahrhunderte währenden Krieg überzogen. Die meisten ihrer Kolonien sind deshalb von ihr abgefallen und haben sich mit den anderen Völkern der Allianz gegen sie verbündet. Ich selbst war nie dort, der Planet ist vor über einem Jahrhundert von der Allianz unter eine Art Quarantäne gestellt worden, und seine Bewohner werden streng überwacht, um zu gewährleisten, daß sie niemals wieder ihren Planeten verlassen können. Zu schrecklich war das Leid, das sie in ihrer Eroberungswut über ihre friedlichen Nachbarn gebracht haben.« Er schwieg, und sein Gesicht wirkte traurig.
»Und doch stammen unsere Ahnen v-von dort?« fragte ich leise.
Er nickte. »Das ist unser Erbe, Elloran.« Er rieb sich müde über sein zerschlagenes Gesicht.
»Kennt Karas die Wahrheit über euch?«
»Ja«, antwortete er. »Dein Großvater ist ein sehr besonnener Mann. Wenn dein Volk einen weniger klugen Herrscher gehabt hätte, wären wir weitergereist und hätten euch erst in der Zukunft noch einmal besucht. Ihr habt zu viel vergessen. Aber ihr habt keine Angst vor dem Fremden – und auch das Volk, das seinen Planeten mit euch geteilt hat ...«
»Was?« fragte ich erstaunt.
»Die Zauberer«, sagte er sanft. »Es gibt nicht mehr viele von ihnen, euer Blut hat sich vermischt. Leonie ist noch eine vom alten Volk. Sie wußten, daß wir hier sind. Sie haben uns willkommen geheißen, wie sie deine Vorfahren willkommen hießen.«
Ich schloß die Augen. Zuviele Neuigkeiten versuchten gleichzeitig in meinem Kopf Platz zu finden. Aber eine Sache mußte ich noch wissen. »Wie alt b-bist du, Nik?«
Er schnaubte. »Julian, hm? Das hat ihn auch am meisten interessiert«, sagte er fast verächtlich. »Wir haben eine sehr fortgeschrittene Medizin, Elloran. Damit könntet ihr auch ein weit höheres Alter erreichen, als es euch jetzt möglich ist. Ich selbst wüßte viel lieber, wie die Magier es bewerkstelligt haben, ihr Leben ohne medizinische und technische Unterstützung zu verlängern!«
Er hatte mir nicht geantwortet, und was er gesagt hatte, hatte ich nur teilweise verstanden. Ich beließ es für heute dabei. Nikal sah erschöpft aus. Ich bot ihm mein Bett an. Nikal lächelte mich dankbar an. Ich sah sein eingefallenes Gesicht und glaubte mit einem Mal Julians unsinnig klingende Aussage über Niks Alter. Er sah aus, als sei er über hundert Jahre alt, weit darüber.
»Danke, Ell. Ich bin noch nicht ganz wiederhergestellt«, sagte er leise. »Eigentlich dürfte ich gar nicht hier herumlaufen – Maddoc wird mich übel dafür beschimpfen.« Er winkte ab. »Mach dir keine Sorgen, Kleines. Ich bin bald wieder ganz in Ordnung. Bald ...« Er sank auf das Lager und seufzte zufrieden.
»Schlaf gut, Nik.«
»Ell?«
»Ja?«
»Bist du mir noch böse?«
»Nein. Nein – Vater.« Ich verließ fluchtartig den Raum.
»Komm herein, Elloran«, sagte eine Stimme. Ich trat ein und stand starr vor Staunen. Im Lehnstuhl am Fenster saß Leonie und schien mir entgegenzusehen. Ich fand mich neben ihr wieder, ihre Hand in meiner haltend. Ihre blicklosen Augen sahen gespenstisch durch mich hindurch; sie erschien mir fast zerbrechlich, als hätte sie all ihre Stärke in der vergangenen Nacht eingebüßt.
»Elloran«, sagte sie ruhig. »Du hast mich zurückgerufen.« Sie umfaßte mit festem Druck meine Finger. »Danke. Ohne deine Hilfe hätte Julian uns alle vernichtet.«
»Aber er hat mich wieder eingewickelt«, protestierte ich. »Leonie, ich wäre m-mit ihm gegangen. Wirklich, er ...«
»Sch!« sagte sie sanft. »Du bist ihm nicht gefolgt, Elloran. Du hast ihn besiegt.«
Ein Rabe krächzte und landete auf ihrer Schulter. Ich zuckte zusammen, aber sie hob die Hand und liebkoste ihn. »Sei mir gegrüßt, Magramanir«, murmelte sie. Die Rabin wandte ihren Kopf und sah mich an. Ich erwiderte unbehaglich ihren Blick. »Du siehst aus, als hättest du dich mit jemandem geprügelt.« Ich traute meinen Ohren nicht. Leonies erloschene Augen starrten an mir vorbei. »Was ist passiert?« fragte sie. Ich berichtete ihr stammelnd von Nikal. Sie nickte und lächelte. »Die Allianz. Sie ist sehr interessant, wie ihr Botschafter.« Sie runzelte die Stirn. »Er ist wieder hier. Ich bin gespannt zu hören, was er ...« Es klopfte, und sie rief ungeduldig: »Kommt herein!«
Karas trat ein – und hinter ihm Galen und Veelora. Ich bemerkte, daß Magramanir ihnen den Kopf zuwandte.
»Mein Herr«, grüßte Leonie und machte schwache Anstalten, sich zu erheben. Karas hinkte auf sie zu und hinderte sie daran.
»Nicht, alte Freundin«, sagte er, und ich sah die Erschütterung in seinem Gesicht. »Ich bin froh, daß du lebst.«
Ich warf dem Botschafter einen neugierigen Blick zu und erschrak. An sein Aussehen, das alles andere als das eines gewöhnlichen gesunden Menschen war, hatte ich mich anscheinend so weit gewöhnt, daß ich jetzt bemerkte, wie schlecht er aussah. Sein Gesicht war von einer solch leichenhaften Blässe, daß es leicht bläulich schimmerte, und seine farblosen Augen erschienen trüb und glanzlos. Er bemerkte, daß ich ihn musterte und trat zu mir. Seine Bewegungen hatten ihre fließende Eleganz eingebüßt, er bewegte sich schwerfälliger als sonst, fast mühsam, als bereite ihm jeder Schritt Schmerzen.
»Wie ist es dir ergangen?« fragte er und musterte den blauen Fleck, der meine Wange zierte. Ich hob die Achseln. Das Gefühl, neben einem Wesen zu stehen, das von einer völlig anderen Welt stammte, war zugleich beängstigend und erregend. Er spitzte ein wenig die Lippen und legte seine Finger um mein Handgelenk. Zu meiner Überraschung fühlten sie sich nicht so eisig wie früher an, sondern besaßen fast menschliche Temperatur.
– Er hat mit dir gesprochen.
– Ja.
– Ist es schlimm für dich?
– Ich weiß es nicht. Ich muß erst darüber nachdenken.
– Wo ist er jetzt?
– In meinem Bett. Er schläft.
In meinem Geist klingelte ein melodisches Lachen, aber das Gesicht des Wesens neben mir blieb unbewegt. »Bringst du mich nachher zu ihm?« fragte der Botschafter laut. Ich nickte. Galen ließ mich los und gesellte sich zu Karas und Veelora, die leise mit Leonie gesprochen hatten. Er griff nach dem Handgelenk der Blinden und legte zwei Finger an ihre Schläfe.
»Elloran«, sagte Karas dringlich. »Wir müssen jetzt bald miteinander über deinen weiteren Weg sprechen. Es ist höchste Zeit, Kind.«
»Aber nicht hier und heute«, unterbrach ihn Veelora gereizt. »Du wirst dich jetzt nämlich hinlegen. Jemaina schaut gleich nach dir, und Galen schickt uns ebenfalls seinen Heiler vorbei.«
»O bitte, nein!« protestierte Karas, während sie ihn unnachgiebig mit sich zerrte. »Erspare mir wenigstens diesen ungehobelten Menschen, Vee, bitte! Ich verspreche dir auch, daß ich brav im Bett bleibe ...« Sein Jammern verklang, als die Tür hinter ihnen zufiel.
Ich setzte mich auf den niedrigen Diwan. Das spiel stand auf dem Tisch, und ich betrachtete die Aufstellung der Figuren. Der Narr war verschwunden, und in der Gruppe der Fremden tauchte nun eine neue Figur auf: eine Gestalt, die seltsam gespalten erschien. Ich nahm sie in die Hand und betrachtete sie genauer. Mein Blick versenkte sich in ihre gemalten Augen und wanderte über ihr Gesicht. Der Ausdruck des Figürchens war voller Spannung, alles an ihr deutete eine Gespaltenheit an, die sie schier von innen zu zerreißen drohte. Sogar ihre Kleider zeigten diese Bedrohung, wie ich jetzt erkannte. Sie trug Kleidungsstücke, die nicht zueinanderpaßten: eine schmale, strenge Jacke von fremdartigem Zuschnitt über einer bequemen Hose, wie ich sie mochte; darunter an einem Fuß einen Stiefel und am anderen einen niedrigen Schuh, und in ihren ausgebreiteten Händen hielt sie eine Sonne und einen Mond. Die Welt versank um mich herum, während ich die Spielfigur in meinen Händen hielt und zu ergründen versuchte, warum ich das Gefühl hatte, daß sie mir etwas sehr Wichtiges mitzuteilen versuchte.
Leonies Stimme riß mich aus meiner Betrachtung. Ich eilte zu ihr und kniete neben ihrem Sitz nieder. Galen umklammerte immer noch mit geschlossenen Augen ihr Handgelenk. Sein leichenhaft schimmerndes Gesicht war von einem dünnen Schweißfilm überzogen. Magramanir, die bewegungslos auf Leonies Schulter saß, richtete ihre Knopfaugen auf mich, und Leonie lächelte sacht. Sie wirkte kräftiger als noch eine Stunde zuvor.
»Elloran«, wiederholte sie. »Du mußt in Kürze eine sehr wichtige Entscheidung treffen, Kind. Der Botschafter und dein Vater werden dir erklären, worum es geht, und ich rate dir, sehr gründlich über das nachzudenken, was sie dir vorschlagen werden. Laß dich bitte nicht drängen, weder von ihnen noch von deinen Großeltern. Triff deine Entscheidung nicht übereilt, Elloran, das bitte ich dich inständig. Es hängt sehr viel davon ab.«
»Worum g-geht es denn dabei?«
Sie schüttelte den Kopf. »Du wirst es bald erfahren«, sagte sie. Magramanir wandte den Kopf. »Galen, ich danke dir. Schone lieber deine Kräfte, mein Freund.«
Er nickte schwach und ließ sie los. Seine Arme fielen schlaff an seine Seiten, und er schwankte leicht. Ich griff zu und stützte ihn.
»Möchtest du in dein Quartier?« fragte ich besorgt. »Ich kann versuchen, Akim aufzutreiben ...«
Er schüttelte den Kopf. »Es geht gleich wieder«, sagte er matt. »Bring mich zu Nikal.«
Ich rief Leonie einen Gruß zu und half Galen zur Tür hinaus. Nikal schlief fest, als wir eintraten, aber er erwachte sofort, als hätte ihn jemand gerufen, als Galen neben dem Bett stand. Er öffnete die Augen und sah den Botschafter verwirrt an.
»Ach du meine Güte«, sagte er und setzte sich hastig auf. Galen ließ sich auf die Bettkante sinken, und Nikal griff nach seiner Hand. »Lieber Himmel. Galen, du hast Fieber!« Er legte seinen Arm um den anderen und zog ihn an sich. Der Botschafter ließ es stumm geschehen, schloß nur ermattet die Augen. Nikal strich ihm über den haarlosen Schädel und murmelte: »Du bist wirklich unvernünftig, Jihhan. Wie lange hast du den Wechsel verzögert?«
Galens Lippen zuckten. »Fast ein Standardjahr«, antwortete er schleppend.
»Du gehörst wahrhaftig geprügelt«, schimpfte Nikal. Im Gegensatz zu seinem harschen Ton liebkoste seine Hand immer noch den Kopf des anderen Mannes. »Wie hast du das Akim verkaufen können?«
»Er hat eingesehen, daß der Zeitpunkt nicht günstig gewesen wäre. Die Verhandlungen mit den T'jana ...« Galens Stimme wurde kräftiger, und er richtete sich etwas auf. Nikal ließ seine Hand sinken und legte sie über die schmalen Finger Galens. Die beiden hatten mich vollständig vergessen. »Der maior ist tödlich verunglückt«, erklärte der Botschafter.
Nikal verzog das Gesicht. »Hat jemand nachgeholfen?« fragte er trocken.
Galen schloß die Augen und öffnete sie wieder. »Sagen wir, ich habe mich dem minor nicht in den Weg gestellt«, erwiderte er vorsichtig.
Nikal lachte kurz und humorlos auf. »Und sagen wir weiter, du hast dem minor den einen oder anderen zarten Wink gegeben, daß die Allianz es nicht ungerne sähe, wenn dem maior etwas zustieße?« Galen hob nur eine seiner Brauen.
»Wer ist neuer minor?« fragte Nikal.
»Der älteste Sohn des neuen maior«, sagte Galen. »Ein ganz vernünftiger Junge, glaube ich. Wie sein Vater. Ich hätte es zwar vorgezogen, wenn der neue maior seine Schwester ernannt hätte – eine beeindruckende Frau, sehr klug und besonnen – aber du kennst die S'aavara. Deshalb konnte ich auch meinen Wechsel nicht riskieren. Sie hätten sich danach auf keine Verhandlungen mehr eingelassen, Kolja.«
»Aber jetzt solltest du dich schleunigst an Bord begeben, mein Herz. Ich komme mit dir – diesmal mußt du es nicht alleine durchstehen! Schlimm genug, daß ich bei deinem letzten Wechsel nicht dabeisein konnte.« Nikal erhob sich und half dem Botschafter auf. Sein Blick traf mich, die ich geduldig und unauffällig in der Ecke saß. Überraschung und leises Schuldbewußtsein malte sich in seinen Zügen. »Ach, Ell! Dich hatte ich vollkommen vergessen! Ich habe euch einander noch gar nicht richtig vorgestellt. Aber ihr kennt euch inzwischen ja recht gut, glaube ich.« Galen blickte mit seinem unsichtbaren Lächeln in meine Augen. »Elloran, Galen und ich sind Jihhan, Lebenspartner. Ihr würdet es wohl eine Ehe nennen, was wir führen.« Er räusperte sich unbehaglich, als er meinen starren Blick sah. Galen berührte sacht meine Hand.
– Stieftochter, erklang sein amüsierter Kommentar in meinem Geist.
Nikal musterte uns mißtrauisch. »Was habt ihr miteinander zu bereden?« fragte er verschnupft.
Galen ließ die Hand sinken, und ich bildete mir gewiß nur ein, er hätte mir zugezwinkert. »Geht dich nichts an«, sagte er fast unhöflich. »Bring mich jetzt zurück, Kolja, bitte.« Seine Stimme vibrierte gespenstisch. Alles im Raum schien leise mitzuschwingen, obwohl er nicht laut gesprochen hatte. Ein unangenehmes Schwirren bohrte sich durch meinen Kopf und schmerzte in meinen Augen. Ich preßte die Hände gegen die Ohren, aber der Schmerz wurde stärker.
Nikal schien es auch zu spüren, denn seine Lippen wurden weiß. »Galen«, sagte er mühsam. »Reiß dich doch ein bißchen zusammen, mein Herz!« Der Botschafter sackte zusammen und legte wie in einem Schwächeanfall seinen Kopf gegen Nikals Brust. Der unangenehme Schmerz ließ nach und verflog endlich ganz.
»Wunderbar«, sagte Nikal leise. »Komm, laß uns gehen. Ell, ich melde mich bei dir. Galen braucht mich jetzt dringender.«
Ich sah beiden nach, wie sie den Raum verließen und schloß stöhnend meine Augen. Nikals Worte tanzten wie Irrwische durch mein Gehirn. Jede seiner kargen Erklärungen schien weitere Fragen in sich zu bergen, wie Puppen in einer Puppe. Und dann auch noch dieses Bild: zwei Männer, die miteinander verheiratet waren und nicht einmal der gleichen Art angehörten – das ging über alles hinaus, was ich kannte. Wie unverständlich und beängstigend mußte die Umgebung sein, aus der sie stammten. Welten über Welten mit fremdartigen Lebewesen, die sich so gut zu tarnen verstanden, daß sie zwischen uns leben konnten, ohne Mißtrauen zu erwecken, und die dennoch so anders dachten und fühlten als mein Volk! Ich merkte, daß ich entsetzlich fror und legte mir eine Decke um die Schultern. Zusammengekauert hockte ich am geöffneten Fenster, durch das eine laue, süß duftende Brise strich und starrte in die Dämmerung hinaus. Die ersten Sterne blinzelten am noch hellen Abendhimmel, und mir war, als sähe ich sie zum ersten Mal. Reglos sah ich zu, wie es dunkelte und immer mehr Sterne auftauchten. Da, dort war Galens Heimatstern – zum Greifen nah hing er über meinem Kopf.
So fand mich Jenka. Sie kam zu mir und legte ihren Arm um meine Hüften. Aneinandergeschmiegt sahen wir in den Nachthimmel, und mein Herz war schwer, weil ich mit ihr nicht über das sprechen konnte, was mir an diesem Tag widerfahren war.
»Du bist ganz kalt und steif«, schalt sie nach einer Weile liebevoll und massierte meine verkrampften Schultern. »Wie lange sitzt du denn schon hier?« Sie drückte einen Kuß in meinen Nacken. »Komm, ich wärme dich wieder auf.« Sie zog mich hoch und schob mich mit sanfter Gewalt zum Bett hinüber, kleidete mich aus, als wäre ich ein Kind und stopfte mich unter die Decke. Dann löschte sie das Licht und kroch zu mir. Ich umarmte ihren warmen, festen kleinen Körper, und für den Bruchteil einer Sekunde schien ein Hauch von Muskat in meine Nase zu steigen. Dann war er verschwunden, und es gab nur noch Jenka und mich.