15
In der folgenden Zeit war ich sehr unaufmerksam bei meiner Arbeit. Ich bemerkte zwar Karas' sorgenvolle Miene, doch sie kümmerte mich nicht. Ich tat, was mir aufgetragen wurde, aber ich war nicht mit dem Herzen dabei. Den Prinzen der Inseln, bei dem meine Gedanken jetzt oft weilten, hatte ich nach dem Krontag nur noch bei einer ähnlich offiziellen Gelegenheit zu Gesicht bekommen. Er wurde gerade bei den Edlen der Krone herumgereicht, der Ärmste. Wenn ich meine Augen schloß, sah ich sein ovales Gesicht mit den riesigen violetten Augen und dem übermütigen Lächeln vor mir und fühlte mich ganz windelweich und weh.
So oft es mir möglich war, traf ich Jenka und ließ mich von ihr über den Waffenhof scheuchen. Wir hatten sehr schnell zu unserer alten Vertrautheit zurückgefunden. Ihre Gegenwart tat meinem aufgewühlten Gemüt so wohl wie ein lindernder Umschlag einem verletzten Glied.
Veelora war kurz nach dem Krontag abgereist, um sich mit Galen zu treffen. Ich verbrachte meine Abende wieder allein mit dem Kammerherrn und bemühte mich, ihn meine Verstimmung nicht zu deutlich spüren zu lassen.
An einem dieser Abende war Karas von Anfang an unruhig. Ich merkte, daß ihn etwas bedrückte. Nach dem Essen räusperte er sich voller Unbehagen und begann: »Ich muß etwas – hm – Unangenehmes mit dir besprechen, mein Junge.« Er hielt inne und sah mich unglücklich an. Ich hielt seinem Blick mit unbewegter Miene stand, entschlossen, es ihm nicht leicht zu machen.
Er fuhr sich verlegen mit der Hand übers Gesicht und räusperte sich wieder. »Ich, das heißt, deine Großmutter und ich, wir sind zu der Auffassung gekommen, daß wir dir, nun ja, sagen wir mal, empfehlen wollen, hm, deine Besuche bei Leonie etwas einzuschränken. Oder, genauer gesagt, daß du dich in deinem eigenen Interesse dazu durchringen solltest, sie gar nicht mehr aufzusuchen.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ich rührte mich nicht, betrachtete ihn nur weiter. Er blickte irritiert hoch und fragte: »Was ist? Hast du dazu nichts zu sagen, Kind?«
»Warum?« fragte ich.
»Was, ›warum‹?« Er wirkte leicht gereizt.
»W-warum soll ich sie nicht mehr sehen dürfen?«
»Das kann ich dir nicht erklären. Du müßtest in dieser Sache dem Urteil deiner Großmutter – und dem meinen – vertrauen, liebes Kind. Sei versichert, daß wir nur dein Bestes im Auge haben.«
»N-Nein«, antwortete ich. Er starrte mich mit halboffenem Mund an.
»Was hast du gesagt?« fragte er vorsichtig nach.
»›Nein‹ habe ich g-gesagt. Ich werde mich auch weiterhin mit Leonie treffen, s-soll das heißen.« Er schlug die Hände vors Gesicht und faltete sie dann vor seinem Mund. Sein Blick war nicht anders als verzweifelt zu nennen. Ich bemerkte es mit einer gewissen grausamen Freude.
»Kind, was ist los mit dir? Ich spüre doch schon seit Tagen, daß du mir wegen irgend etwas grollst. Willst du mir nicht endlich sagen, was es ist?« Er streckte mir eine Hand entgegen, die vor Erregung leicht bebte. Ich übersah sie geflissentlich und schüttelte stur den Kopf.
»W-wir waren bei einem anderen Thema, domu Karas. W-warum soll ich die Oberste Maga meiden, eine der Hände der K-Krone?«
Er wand sich in seinem Stuhl. »Ich kann es dir nicht sagen.« Seine Stimme klang nicht fest. »Bitte vertraue mir doch. Ich will nur vermeiden, daß dir Böses geschieht, Elloran.«
»V-vertrauen?« lachte ich böse auf. Er hatte Tränen in den Augen stehen. Ich haßte ihn samt seiner falschen Sentimentalität aus ganzem Herzen. »Warum sollte ich dir v-vertrauen, Großvater?«
»Elloran«, sagte er schwach. Sein Gesicht hatte die Farbe gewechselt. »Sie hat es dir gesagt«, murmelte er geschlagen. »Dieses böse Weib ...« Er sank mit geschlossenen Augen zurück und legte eine zitternde Hand vor seinen Mund.
»S-sie ist die einzige, die mir überhaupt etwas sagt«, rief ich aufgebracht. »D-du und G-großmutter, ihr belügt und benutzt mich doch nur!« Jetzt kamen mir auch noch die Tränen, verdammt! Ich brauchte meine ganze Stärke, um meine Wut aufrechtzuerhalten.
Karas stöhnte auf und stemmte sich in den Stand. Er hinkte zu mir hinüber und griff nach meinen Händen. Ich entzog sie ihm und funkelte ihn wütend an. Er gab nicht nach, packte meine Schultern und zog mich trotz meines Sträubens an sich.
»Elloran, Junge, bitte. Wir wollten dir nicht w-weh tun.« Jetzt stotterte er auch. Ich biß die Zähne zusammen und versteifte mich in seiner Umarmung.
»Ich habe dir nichts gesagt, weil ich Angst um dich hatte. Meine Tochter ist nur deshalb getötet worden, weil sie meine Tochter war. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß ich meinen einzigen Enkel genauso verlieren könnte!« Ich spürte, wie er zitterte. »Ich habe meine Kinder nach Ellianas Tod nie wieder gesehen; ich habe jede Verbindung zu ihnen abgebrochen, um nicht auch sie in Gefahr zu bringen. Elloran, bitte. Verurteile mich nicht deswegen, ich könnte es nicht ertragen!«
Peinlich berührt mußte ich erleben, wie er weinte. Mein Groll war nicht kleiner geworden, aber ich konnte nicht länger mitansehen, wie der alte Mann sich vor mir erniedrigte. Widerstrebend hob ich meine Hand und legte sie zögernd auf seinen Arm.
»B-bitte, domu Karas, hört auf. Es ist g-gut. Aber Ihr dürft nicht von mir verlangen, daß ich Leonie nicht m-mehr sehe. Sie ist mir zu w-wichtig.« Genaugenommen hatte ich sie schon seit dem Krontag, an dem wir kein einziges Wort miteinander gewechselt hatten, nicht mehr gesehen. Aber hier ging es um etwas ganz anderes.
Karas schneuzte sich und hockte mit müde hängenden Schultern vor mir. Endlich nickte er und murmelte: »Ich kann dir keine Vorschriften machen. Aber sei auf der Hut, Elloran. Ich bitte dich inständig, sei auf deiner Hut!«
Ich nickte steif und erhob mich. Er blickte zu mir auf und fragte schwach: »Kannst du mir vergeben, Elloran? Vergiß nicht, ich liebe dich. Nur darum ...« Er stockte und verstummte. Ich sah erbarmungslos auf ihn herunter und erwiderte nur kalt: »Gute Nacht, Kammerherr. Schlaft wohl.«
Als ich bereits auf dem Gang war, hörte ich ihn tödlich verletzt aufschreien: »Elloran!« Ein schwaches Lächeln hob meine Mundwinkel. Ich ging fast beschwingt in mein Quartier.
Am nächsten Morgen fing mich Mikel an der Tür zu Karas' Quartier ab. »domu Karas ist erkrankt und wünscht keinen Besuch, junger Herr«, sagte er säuerlich.
Ich zuckte mit den Achseln. »Hat der Kammerherr Anweisungen für mich hinterlassen?« fragte ich.
»Nein, junger Herr.« Sein Mund schnappte zu. Ich nickte ihm fröhlich zu und ging meines Weges. Es war ein schöner Morgen, ich würde ein wenig mit Jenka üben – sie müßte eigentlich gerade dienstfrei sein – danach frühstücken und mich endlich einmal wieder bei Leonie sehen lassen.
Jenka zeigte sich angenehm überrascht. Wir verbrachten eine schweißtreibende Stunde auf dem Waffenhof. Schweratmend standen wir hinterher neben dem Brunnen und spülten uns Staub und Schweiß von den Körpern.
»Sag mal«, sagte Jenka, »hast du immer noch Streit mit deiner Großmutter?«
Ich sah sie groß an und nibbelte mir den Kopf trocken. Meine nassen Haare klebten mir unangenehm auf den Schultern. Ungeduldig wand ich sie zu einem feuchten Knoten zusammen. »Wie kommst du darauf?« fragte ich zurück.
Sie hob die Schultern und kratzte sich versonnen den Schorf von einer alten Schramme am Arm. »Du wirkst so seltsam aufgedreht. Gar nicht wie sonst. Ich dachte, es hätte vielleicht mit dieser Sache vor einigen Tagen zu tun, die dich so schrecklich aufgeregt hat.«
Ich schüttelte den Kopf und lachte. Es klang nicht ganz echt, aber Jenka schien es zu schlucken. Wir frühstückten noch gemeinsam im Mannschaftsraum und trennten uns dann für diesen Vormittag.
Ich fühlte mich großartig, das regelmäßige Training mit Jenka tat mir gut. Leichtfüßig sprang ich die Treppe zum Palas hoch und klopfte an Leonies Tür.
»So früh?« rief sie von innen. »Komm herein, Elloran.«
Sie kniete auf ihrem dicken S'aavaranischen Teppich und hatte Federn und kleine Steine vor sich ausgebreitet. Lächelnd sah sie zu mir auf und pustete mir eine sonnengelbe, flaumige Feder zu.
»Tu mir den Gefallen und mach keinen Wind. Setz dich da drüben hin, ich bin gleich fertig.«
Ich tat, was sie wünschte und sah gebannt bei ihrem seltsamen Werk zu. Sie verschob konzentriert einen kleinen graugrünen Kiesel, so daß er zwei rotblaue, schillernde Federn berührte. Dann nahm sie drei rötliche, glattpolierte Steine auf und wog sie nachdenklich in der Hand, bevor sie sie äußerst behutsam im Dreieck auf eine Fläche von schwarzen Dohlenfedern legte. Es blitzte kurz und strahlend grün, und eine Wolke von Federn stob auf und füllte die Luft, so daß ich für einen Augenblick blind war. Als ich wieder sehen konnte, waren Federn und Steine verschwunden, nur Leonie hockte noch immer auf dem Teppich und sah mich gelassen an.
»Schön, daß du dich wieder einmal blicken läßt. Was sagt denn dein Großvater dazu?« Ich fluchte unbeherrscht. Sie verzog spöttisch den Mund und bemerkte nur: »Ts, ts! Wo sind deine Manieren, Elloran? Ich koche uns Tee, vielleicht kühlt dich das ein wenig ab.«
Mißmutig pustete ich wenig später über meinen heißen Tee und fragte mich, wo meine gute Laune vom Morgen geblieben sein mochte. Leonie ließ mich eine Tasse lang brüten, sah mich nur unablässig an.
»Komm schon, raus damit«, sagte sie, als sie mir die zweite Portion einschenkte.
»W-womit?« knurrte ich ungnädig.
»Elloran!« Ihre Stimme klang ungeduldig. »Spiel keine Spielchen mit mir, ich bin darin besser als du!«
»Ach, Verdammnis. Ich h-habe mich mit Karas gestritten w-wegen – du weißt schon.«
»Und jetzt hast du ein schlechtes Gewissen.«
»Er sollte ein schlechtes G-Gewissen haben, nicht ich!«
Sie nickte nachdenklich. »Ich habe damals die Beherrschung verloren, weil ich mich über deinen dickköpfigen Großvater geärgert hatte, Elloran. Ich hätte es dir nicht einfach so sagen dürfen.«
Wie immer fühlte ich mich halb gebannt von ihrem alles durchdringenden Blick. Sie lächelte schwach. »Ich habe Karas und deine Großmutter aufwachsen sehen, mein Kind. Die beiden gehören zu den Menschen, die mir am nächsten stehen. Aber sie mißtrauen mir, und das zu Recht. Meine Treue gehört zwar der Krone, der ich seit einigen Menschenaltern diene. Aber dennoch ist meine Loyalität nicht ungeteilt; ich bin immer auch meinem eigenen Volk verantwortlich. Das können Karas und Veelora nicht vergessen, und sie verübeln es mir.«
Ich holte tief Luft. Manchmal vergaß ich in der Gegenwart der Obersten Maga sogar das Atmen. »D-dein eigenes Volk?« fragte ich. Sie nickte und schob die Haare aus ihrer Stirn. Leonies Armreif, das Insigne der linken Hand, blinkte.
»Mein Volk. Die Zauberer dieser Welt. Ich bin ihr Oberhaupt seit langer, langer Zeit und ihr Verbindungsglied zu den gewöhnlichen Menschen. Wir gehören keiner Nation, keiner Allianz, keinem Bündnis an, Elloran. Wir kennen keine Familien, keine Bindungen, wenig Nachsicht und keine Liebe für euch Kurzlebige. Vergiß das nie, wenn du mit Magiern zu tun hast.« Ihre Stimme klang warnend, und ich ahnte, wovor – vor wem – sie mich in Wirklichkeit zu warnen versuchte.
»Aber«, setzte ich an, doch sie unterbrach mich scharf.
»Vergiß es nie, Elloran! Karas hat es nicht vergessen, und deshalb solltest du seine Meinung zumindest respektieren. Was er allerdings wissen müßte, ihm im Augenblick aber entfallen zu sein scheint, ist die Tatsache, daß ich auf seiner Seite stehe. Uns unterscheidet allein die Art und Weise, wie wir vorgehen. Ich spiele das spiel nach etwas anderen Regeln als dein Großvater – aber der Ausgang, den wir ansteuern, ist im Großen und Ganzen der gleiche.« Sie lächelte wieder, und ihre Stirn glättete sich. Ich zog ein Gesicht. Was kümmerten mich irgendwelche Loyalitätskonflikte, die Krone, dieser ganze verknotete Politikkram! Wenn man mich fragte, konnte mir das alles komplett gestohlen bleiben.
»Was habe ich damit z-zu tun?« fragte ich bockig.
Leonie stieß einen heftigen Seufzer aus und begann zu lachen. Ich wurde flammend rot. Was hatte ich nur an mir, daß ich mich ständig auslachen lassen mußte?
»Kind, Kind, du bist wirklich unbezahlbar.« Die Magierin trocknete sich die Augen und setzte nüchtern hinzu: »Werde endlich erwachsen, Elloran. Du kannst nicht dein Leben lang mit geschlossenen Augen durch die Welt rennen und dich darüber beschweren, daß du dir dabei blaue Flecken holst. Wir können dich nur beschützen, wenn du deinen Teil dazu beiträgst. So, und jetzt geh, versöhne dich mit deinem Großvater und verrate ihm bitte nicht, daß ich dir dazu geraten habe!«
Die Tür öffnete sich. Ich ging zähneknirschend hinaus. Was bildete sie sich ein, daß sie mich derart herunterputzen und herumkommandieren zu dürfen glaubte? Blind vor Wut, mit der ich nicht wußte wohin, stampfte ich aus dem Palas und steuerte meine Zuflucht an. Unter der Birke, die ich mittlerweile als meinen Privatbesitz betrachtete, sah ich schon von weitem jemanden liegen. Auch das noch! Schnaubend schob ich die Zweige beiseite und holte zu einer saftigen Rede aus, als ich unverhofft in ein Paar strahlender Amethystaugen blickte.
»Ellorrran! Dich warrte!« erklang es begeistert. Schmale Finger umklammerten mein Handgelenk und zogen mich mit erstaunlicher Kraft hinein in die grüne, duftende Grotte.
»Cesco«, japste ich atemlos. Mein Herz schlug, als wäre ich sehr schnell gelaufen. Er lachte mich an und legte vertraut eine Hand auf meinen Arm.
»Bin gelauf weg. Ssso noîos langweilerich!« Er verdrehte die Augen und schnitt eine seiner schreckenerregenden Grimassen. Dann legte er ohne weitere Umstände seinen Kopf in meinen Schoß und schielte unter gesenkten Lidern zu mir hoch. Ich hob eine ängstliche Hand und strich ganz vorsichtig über sein weiches Rabenhaar. Er schloß die Augen und schnurrte wohlig wie eine satte Katze. Ich faßte mir ein Herz und ließ meine Finger über sein samthäutiges Gesicht wandern, bis zu den sanft geöffneten Lippen. Er spitzte den Mund und küßte meine Fingerspitzen. Dann öffneten sich seine Augen einen winzigen, blinkenden Spalt, er blinzelte frech und biß zu. Ich schrie auf, mehr vor Schreck als wegen des Schmerzes, und er kicherte zufrieden. Er stützte sich auf seine Ellbogen und sah mich aus allernächster Nähe gründlich an.
»Du Pünkten«, sagte er ernsthaft und tippte mit seinem Zeigefinger auf meine Nase. Ich sah ihn verständnislos an.
»Pünkten«, wiederholte er. »Ai, wie sagen?« Er schielte fast vor Konzentration. Dann hob er wieder seinen Finger mit dem langen, schimmernden Nagel und bohrte ihn in meine Wange, meine Stirn, meine Nase, mein Kinn, bis ich lachte und seine Hand festhielt.
»H-hör auf, Cesco, hör auf, ich habe begriffen. S-Sommersprossen meinst du!«
»Sssommerr- ai, was Brechzung! S-prrrosss. Sssommerrsss-pross.« Er stöhnte theatralisch und fiel ohnmächtig in meine Arme. Ich lachte und fühlte sein Herz gegen meine Brust pochen. Seine Augen öffneten sich, und er legte seine Arme um meinen Nacken.
»Mî Ellorran? Ellorran di Cesco? Sag daß ja!« forderte er. Ich holte sehr tief Luft. »Ja«, antwortete ich mit unsicherer Stimme. Er lachte triumphierend und küßte mich. Seine scharfen, langen Nägel krallten sich durch den Stoff des Wamses in meinen Rücken.
»Cesco«, rief draußen die dröhnende Stimme seines Erziehers. Er stöhnte unmutig auf und löste sich von mir.
»Giacchîn«, jammerte er. »Spielverderbling mistig!« Er richtete sich auf und rief laut: »Sio qua! Vên sub'to!« Noch auf den Knien drehte er sich zu mir herum und schmatzte mir einen herzhaften, nassen Kuß auf den Mund. Seine Finger lagen sanft auf meinem Gesicht, und im Wegspringen schlug er heftig mit seinen spitzen Nägeln zu. Ich preßte sprachlos meine Hand auf meine blutende Wange und sah ihn über den Hof auf den großen Erzieher zulaufen.
»Doman quî!« hörte ich ihn rufen. »Dich warrten, Ellorrran!«
Ich sank wie betäubt ins Gras zurück und blickte meine blutverschmierten Finger an. Cesco hatte ordentlich zugeschlagen, meine Wange schmerzte erbärmlich. Ich wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
»Lachen«, empfahl eine Stimme neben mir. »Hilft dir zwar auch nicht weiter, aber dafür tut's wahrscheinlich weniger weh.« Ein weiches, angefeuchtetes Tuch wurde an meine Wange gedrückt und linderte den Schmerz.
»Hätte ich mir denken können, daß du das sagen würdest«, knurrte ich. »Du wiederholst dich, Schwesterherz.« Sie gluckste und hockte sich auf die Fersen. Ich bemerkte zum ersten Mal, daß sie die gleichen Gewänder trug wie Leonie. Sie sah schrecklich blaß und dünn darin aus. »Und jetzt?« fragte sie.
»Was meinst du damit?«
»Na, wie du dir vorstellst, daß es weitergehen soll. Willst du unseren armen Großvater wirklich weiter so quälen? Dafür, daß er einen winzig kleinen Fehler gemacht hat?« Ihre Augen sahen mich sehr groß und sehr unschuldig an, und ich sah die kleinen Pukhs nur darin tanzen, weil ich meine Traumschwester inzwischen recht gut kannte. Also ging ich ihr nicht auf die ausgelegte Leimrute.
»Was würdest du tun?« fragte ich statt dessen. Sie stöhnte ungeduldig und gab mir einen Klaps auf die aufgeschürfte Wange.
»Ich gebe keine Ratschläge, warum vergißt du das bloß immer!« erklärte sie scharf. Auch ihr Ton erinnerte mich hin und wieder an Leonie. Sie riß die Augen auf und ächzte. »Entscheide dich schnell, Elloran. Das Unwetter ist schon im Anzug!« Sie drückte mir das weiche, blutbefleckte Tüchlein in die Hand und verschwand hinter dem Stamm der Birke.
»Elloran«, rief meine Großmutter. Anscheinend war sie von ihrem Treffen mit Botschafter Galen zurück. Ihre Stimme klang ungeduldig und erinnerte mich unangenehm an Cescos Erzieher. »Da bist du«, stellte sie fest, als ich zu ihr herauskroch. Sie musterte meine aufgekratzte Wange und sagte: »Ich muß mit dir reden. Laß uns hineingehen.« Ohne meine Zustimmung abzuwarten, machte sie auf dem Absatz kehrt und ging ins Haus.
»Oh-oh«, flüsterte es hinter mir, aber als ich mich erschreckt umwandte, war dort nichts und niemand.
»Also«, sagte sie. Wir saßen uns in ihrem Quartier gegenüber. Ich schielte zu ihrem spiel hinüber. Narr und König wandten sich den Rücken zu, und eine vierte Figur war im Zentrum hinzugekommen. Veelora schwieg und blickte mich nicht an. Ihre Finger spielten mit ihrem Armreif. Ich ließ die Augen schweifen und fühlte mich unbehaglich. Meine Wange spannte.
Veelora richtete sich auf und sagte hart: »Ich werde das nicht dulden, Elloran!« Ich richtete meinen allerbesten erstaunten Blick auf sie, aber sie ließ sich nicht täuschen. »Sieh mich nicht so kuhäugig an, Enkel. Du bringst mich in die Lage, daß ich mich zwischen dir und Karas entscheiden soll. Täusche dich nicht, Elloran. Ich liebe und achte diesen Mann mehr als alles andere auf der Welt ...«
»Mehr als die K-Krone?« warf ich vorlaut ein. Ein vernichtender Blick traf mich.
»Bursche, treibe es nicht zu weit! Du hast mich sehr gut verstanden. Zwinge mich in deinem eigenen Interesse nicht, deutlicher werden zu müssen, mein Freundchen.« Sie stand auf und ging aufgebracht hin und her. »Dein Großvater ist ein kranker Mann. Die Jahre, die er noch vor sich hat, sind gezählt. Er hätte es schon lange verdient, daß ein Jüngerer ihn von seinen Pflichten entbindet, aber das – das war ihm nicht vergönnt.« Sie blieb vor mir stehen und blitzte mich an. »Ich dulde es nicht – hörst du? – dulde es nicht, daß jemand ihm diese kurze Zeitspanne noch vergällt! Auch du nicht, Enkel! gerade du nicht!«
Sie wandte sich heftig ab. »Du bist eine verzogene, verwöhnte Göre. Ich ertrage deine kindischen Launen nicht länger. Wenn du es nicht fertigbringst, dich ein wenig zusammenzureißen ...«
»Was d-dann?« warf ich wutentbrannt ein. »Läßt du m-mich zurückbringen ins Arbeitshaus? Oder darf dein verkrüppelter Liebhaber mich d-dann ...« Ich kam nicht weiter. Eine Ohrfeige, die meine Ohren klingeln ließ, hob mich fast aus meinem Stuhl.
»Raus!« zischte Veelora. »Geh mir aus den Augen! Ich will dich nicht ... Geh. geh!« Ich stürmte aus dem Zimmer, Tränen der Wut und Scham in den Augen. In meinen Fingern, zerknüllt, fand ich das Tüchlein, das meine Schwester mir gegeben hatte. Ich blickte es an und schrie vor Zorn. Ich schleuderte es von mir und rannte auf mein Zimmer.
Nach einem kurzen, unruhigen Schlummer, in dem ich Würfel rollen hörte und kalte, böse Stimmen, erwachte ich zerschlagen und voller Reue. Ich rollte mich aus dem Bett und strich fahrig meine Haare zurück. Dann ging ich hinaus, ohne Ziel und Zweck. Meine Schritte führten mich vor des Kammerherrn Räume. Ich zögerte einen langen, schrecklichen Augenblick. Dann spürte ich einen aufmunternden Schubs und vernahm ein gehauchtes ›Los jetzt‹, das mich meine Hand heben und die Klinke hinunterdrücken ließ.
Der vordere Raum war dunkel. Ich tastete mich zu der anderen Tür vor. Zaghaft drückte ich die Klinke nieder und trat in den schwach erleuchteten Raum. Schwere, mühsame Atemzüge waren zu hören. Schemenhaft sah ich einen fülligen Schatten im Bett liegen. Leise trat ich heran und setzte mich in den Lehnstuhl, in dem ich schon so viele bange Stunden verbracht hatte. Ich griff nach der Hand, die unruhig über die Bettdecke tastete und hielt sie fest. Ein Kopf wandte sich, und ich fühlte seinen Blick auf mir ruhen.
»Elloran?« flüsterte er.
»Ich b-bin hier – G-Großvater«, wisperte ich und spürte den Kloß in meinem Hals.
»Elloran«, wiederholte er und drückte schwach meine Hand. Ich beugte mich über ihn, und meine Tränen tropften auf sein Gesicht. Ich küßte ihn auf die schlaffen Wangen und legte meine Hand auf seinen Kopf.
»Es t-tut mir leid«, hauchte ich. »Ich b-bin – ich – ich ...« Ich konnte nicht weitersprechen, aber er erlöste mich.
»Mein Junge. Mein lieber Junge.« Er hielt mich fest und schloß ermattet die Augen. Ich saß die ganze Nacht neben seinem Bett und hielt seine schrecklich kalten Hände. Mein Gesicht schmerzte höllisch, und mir war entsetzlich elend zumute, aber ich spürte auch die Gegenwart meiner Schwester, ihre Hände auf meinen Schultern, und fühlte mich seltsam gestärkt.
Bei Morgengrauen erhob ich mich und wandte mich zur Tür. Ich rieb meine brennenden Augen und sah in das harte, unbarmherzige Gesicht meiner Großmutter.
»Was tust du hier«, flüsterte sie rauh. Ich drängte mich wortlos an ihr vorbei und öffnete die Tür. Sie packte mich an der Schulter und riß mich heftig herum.
»Was hast du hier zu suchen?« zischte sie in mein Ohr. Ich machte mich los und ging hinaus. Die Tür schlug zu. Ich stand frierend im Gang.
»Siehst du?« sagte meine Schwester und baumelte mit dem Beinen. Ich hockte mich neben sie in die Fensternische.
»Was meinst du mit ›siehst du‹?« fragte ich bitter. »Meine Großmutter haßt mich, und Karas – Karas ist mehr tot als lebendig. Und wahrscheinlich ist das auch noch meine Schuld. Er war völlig nüchtern! Völlig ...« Ich konnte nicht mehr weitersprechen.
Sie nahm mich in den Arm und antwortete ruhig: »Ich weiß.« Ich war allein. Ich legte meinen Kopf in die kalte Fensterbrüstung und wünschte mir nichts als den Tod.
Pünktlich wie jeden Morgen stand ich vor Karas' Tür. Ich richtete noch einmal meine Kleider und trat beherzt ein. Der Kammerherr lagerte auf seinem Diwan und balancierte eine Tasse seiner geliebten Schokolade auf seinem Bauch. Meine Großmutter war nirgends zu sehen. Ich blieb gehemmt in der Tür stehen und räusperte mich. Karas sah auf und blickte mich regungslos an. Ich erwiderte seinen starren Blick und verschränkte meine zitternden Finger auf dem Rücken.
»Habt – hast du Anweisungen f-für mich, Großvater?« fragte ich. Er regte sich nicht.
»Ich – dann gehe ich wohl b-besser«, stammelte ich und griff nach der Türklinke. Er hustete und stemmte sich höher. Die Tasse schwankte bedrohlich, und ich machte einen Satz, um sie noch zu erwischen. Er schnappte gleichzeitig danach, sie zerklirrte am Boden, und wir lagen uns in den Armen.
»Ich habe gestern nacht nicht geträumt?« fragte er kurzatmig. Ich schüttelte den Kopf.
»Es tut mir leid, w-wirklich. Leonie hat mir d-den Kopf gewaschen ...« Ich biß mir auf die Zunge. Bei der Erwähnung ihres Namens glitt ein schmerzlicher Schatten über Karas' Gesicht. »G-Großmutter haßt mich«, setzte ich eilig hinzu. Karas strich über meinen Kopf.
»Nein, Elloran, nein. Sie liebt dich, so wie ich dich liebe. Du bist unser einziger – ach, verdammt! Du bist mein Enkel, aber ich würde dich auch lieben, wenn du irgendein Balg aus dem Arbeitshaus wärest!« Er zog mich an sich.
»Großvater?« sagte ich später. Ich wußte nicht, was mich ritt. »Großvater, ich habe eine Sch-Schwester, wußtest du das?« Er richtete sich steil auf und sah mich wütend an.
»Red kein dummes Zeug«, fauchte er. »Du bist kein – du hast keine Schwester. Du hast nie eine gehabt!« Sein Gesicht war rot angelaufen und wirkte so erregt, wie ich es noch nie erlebt hatte.
»Aber ich rede mit ihr!« beharrte ich. »Ich sehe sie, ich kann sie anfassen, sie hat mir ihr Taschentuch gegeben ...« Ich verstummte. Karas sah aus, als würde er gleich vom Schlagfluß niedergestreckt. »Bitte, reg dich n-nicht so auf«, beschwor ich ihn. »Vielleicht bin ich ja auch nur übergesch-schnappt.« Das schien ihn allerdings nicht im mindesten zu beruhigen. Diesen Augenblick suchte sich Veelora aus, um hereinzukommen.
»Du!« fauchte sie. »Was habe ich dir gesagt? Mach gefälligst, daß du ...«
»Halt den Mund, Vee!« sagte Karas leise. Sein Gesicht war immer noch rot gefleckt, aber er atmete ruhig. »Wir haben uns ausgesprochen. Es ist alles in Ordnung, meine Liebste.«
Ihr Gesicht wurde weich. Sie legte voller Zärtlichkeit ihre Wange an seine. Mir wurde klar, was ich bisher nicht wirklich begriffen hatte: Als sie sagte, daß Karas ihr der wichtigste, liebste Mensch auf der Welt war, hatte sie das genau so gemeint. Ohne jeden Abstrich. Ich fröstelte. Was bedeutete das für die einsame junge Frau, die die Krone war? Der Kammerherr hatte zu Leonie gesagt, daß er sie lieber heute als morgen los wäre. Ihre linke Hand war ihrem eigenen Volk verpflichtet, und ihre rechte Hand – nun, die sah ich vor mir. Mir wurde übel. Ich schwor mir, mein Leben für diese unbekannte Frau zu geben, ob ich sie nun jemals zu Gesicht bekommen würde oder nicht. Sie konnte jede Unterstützung brauchen, die zu bekommen war.
Neben mir kicherte es. »Oh, welch hehre Gefühle«, flüsterte es in mein Ohr. »Ell, du bist ein richtiger Kindskopf!«
»Laß mich in Ruhe!« brüllte ich. Karas und Veelora sahen mich beunruhigt an. Ich sprang auf, blutrot übergossen und stammelte: »Ich – ääh – ich bin, ich h-habe ...« Ich verbeugte mich zackig und schoß zur Tür hinaus.
»Ein wenig unausgeglichen, das Kind«, sagte Karas verwundert. Die Antwort meiner Großmutter konnte ich nicht mehr hören, weil die Tür hinter mir zufiel.
»Dafür, daß es dich nicht gibt, bringst du mich aber ganz schön in die Bredouille«, schimpfte ich gedämpft.
»Weil«, antwortete sie trocken.
»Was, ›weil‹?« Sie nahm meine Hand und zog mich mit sich.
»Weil es mich nicht gibt, bringe ich dich in Schwierigkeiten«, rief sie zurück. »Wenn es mich gäbe, wäre doch alles kein Problem.«
»Wo gehen wir eigentlich hin?« fragte ich erschöpft. Die Unterhaltungen mit meiner Traumschwester verliefen immer reichlich anstrengend.
»Zum Waffenhof. Ich freue mich, Jenka endlich mal wiederzusehen.«
»Aber, aber ...«, protestierte ich. Sie warf mir einen strafenden Blick zu.
»Sie wird mich ja nicht sehen, Elloran. Also reg dich nicht auf!«
Jenka wartete schon auf mich. Sie winkte mir zu und schrie fröhlich: »Du bist sowas von zu spät! Ist was passiert?«
Ich warf einen unsicheren Blick auf meine Begleiterin, die mich nur breit angrinste und ihre Brauen hob. »Nee«, murmelte ich und zog mein Hemd aus. »Ich ... K-Karas hat mich aufgeh-halten.« Meine Schwester hockte sich auf das Gatter, und ich verdrehte die Augen. Würde sie mir von jetzt ab etwa auf Schritt und Tritt folgen? Was war mit ihrer Angst geschehen, daß sie uns zusammen sah? Wer sie auch sein mochte, sie mußte gute Augen haben. Jenka jedenfalls bemerkte nichts.
»Sie weiß es«, rief meine Schwester fröhlich. »Sie hat nichts dagegen, daß wir uns sehen. Der Schaden ist ohnehin angerichtet, sagt sie, weil ich so neugierig war und in dein Zimmer gekommen bin, damals.« Ich verstand wieder nur die Hälfte von dem, was sie sagte, aber ich hütete mich, irgendwie auf ihre Worte zu antworten. Es reichte mir, wenn meine Großeltern mich für überspannt hielten.
»Was stehst du da und starrst Löcher in die Luft?« fragte Jenka ungeduldig. »Können wir endlich anfangen?«
Heute stand waffenloser Kampf auf dem Programm. Ich hatte den Vorteil, größer und schwerer als meine Partnerin zu sein, aber trotzdem warf sie mich von vier Malen drei Mal zu Boden. »Du läßt dich zu leicht ablenken«, sagte sie, als sie wieder einmal keuchend über mir stand. Ich kratzte mich vom Boden ab und zählte meine Knochen.
»Das s-sagt sie auch immer«, rutschte mir unbedacht heraus.
»Wer?« fragte Jenka neugierig. Hinter mir kicherte es.
»Oh, n-niemand«, gab ich schnell zurück.
Jenka ließ ihre Augenbrauen hochrutschen. »Die selbe ›Niemand‹, die dir diese Kratzer verpaßt hat?« fragte sie spitz und deutete auf meine Wange. Ich legte unwillkürlich meine Hand darauf und wurde rot.
»Ich b-bin gegen eine T-Tür gelaufen«, behauptete ich. Jenkas schwarze Augenbrauen schienen ihren Hinterkopf besuchen zu wollen.
»Eine Tür mit Fingernägeln?« fragte sie skeptisch, ließ die Sache aber zu meiner Erleichterung auf sich beruhen.
Ich ließ sie noch ein gutes Dutzend Mal auf mir herumtrampeln, dann beendeten wir unsere Übungen. Beim Waschritual am Brunnen sagte ich: »Ich werde morgen früh wahrscheinlich wieder am Schreibtisch sitzen, Jen. Könnten wir uns auch später treffen?«
Sie nickte und überlegte. »Zwei Stunden vor dem dritten Wachwechsel?« schlug sie vor. »Ich bin ab morgen zur Nachtwache eingeteilt, und so habe ich noch gerade Zeit genug, mich vorher umzuziehen und etwas zu essen.« Wir verabredeten uns und gingen auseinander.
»Und, zufrieden?« fragte ich.
»Sie hat sich verändert«, erklärte sie nachdenklich. »Und sie ist eifersüchtig.«
Ich sah sie ungläubig an. »Was meinst du damit?«
»Auf deinen kratzbürstigen Prinzen. Oh, sie weiß nicht, daß er es ist. Sie wäre auf jeden eifersüchtig, der dir zu nahe kommt, mußt du wissen.« Sie drehte eine übermütige Pirouette, daß ihre hellen Kleider um sie herumwirbelten und warf mir eine Kußhand zu. »Sie ruft mich, ich muß fort. Mach's gut, Elloran!«
Karas lag noch immer auf dem Diwan und blätterte in einem Schriftstück. Neben ihm auf dem Tisch stand eine Schale mit Obst und ein Wasserkrug. Veelora achtete weit strenger als Mikel auf des Kammerherrn Gesundheit.
»Ah, du kommst gerade recht«, rief er erfreut und wedelte mir mit dem Bündel Papier in seiner Hand zu. »Könntest du eben ein Diktat aufnehmen?«
Ich zog meinen Stuhl heran und griff nach Feder und Papier. Die nächste Stunde war dem Entwurf eines höchst diplomatisch formulierten Antwortschreibens an den Than von Nisgard gewidmet, der vorsichtig das Terrain sondierte, was den drohenden Krieg zwischen seinem weit von ihm entfernten Verbündeten S'aavara und seinen Nachbarn unter der Herrschaft der Krone betraf.
Ich bewunderte wieder einmal Karas' Fingerspitzengefühl. Der Than war beunruhigt, was ich verstehen konnte. Krieg zwischen S'aavara und der Krone hätte für ihn die unangenehme Folge, bedrängt von Norrbrigge und L'xhan im Westen und Olyss im Süden in einer sehr ungünstigen Stellung für seinen Verbündeten kämpfen zu müssen oder aber die Bündnistreue zu brechen und damit den Zorn der T'jana-Fürsten auf sich zu ziehen. Karas bot ihm nun das an, was er auch den Inseln vorgeschlagen hatte: Weitgehende Neutralität in einer möglichen Auseinandersetzung, bekräftigt durch den Austausch von Geiseln. Das alles so verklausuliert formuliert, daß der eigentliche Sinn des Geiselaustausches vordergründig ein ganz anderer zu sein schien. Zwischen den Zeilen wurde zwar klar, welchem Zweck er dienen sollte; aber wenn die T'jana selbst das Schreiben in die Finger bekommen hätten, hätten sie ihrem Verbündeten nichts vorwerfen können außer einem harmlosen ›kulturellen Austausch‹ zwischen benachbarten Staaten.
Gegen Nachmittag beendete Karas völlig erschöpft unseren Arbeitstag. Ich blieb einen Augenblick unschlüssig neben ihm sitzen und fragte: »B-brauchst du noch irgend etwas? Soll ich dir noch G-Gesellschaft leisten, Großvater?«
Er schüttelte den Kopf und kicherte schwach. »Das, was ich jetzt am dringendsten nötig hätte, darfst du mir nicht besorgen. Deine Großmutter würde mich umbringen.« Ich sah ihn mitfühlend an und strich über seine zitternde Hand. »Geh, Junge. Genieße deinen freien Nachmittag. Kommst du morgen wieder her?«
Er gab mir einen Klaps und scheuchte mich hinaus. Ich stürmte wie von einer Sehne abgeschnellt in den Innenhof. Zu meiner grenzenlosen Enttäuschung war der Platz unter der Birke leer. Was hatte ich eigentlich erwartet? Daß der Prinz den ganzen Tag untätig dort auf mich wartete?
Niedergeschlagen hockte ich mich auf das Mäuerchen neben der Birke, zog meine Knie an die Brust und kaute auf meinem Daumennagel.
»Hallo, Elloran«, krächzte Magramanir vom Ast einer schlanken Buche herunter.
»Hallo, Mag, J-Julian«, antwortete ich finster.
Sie landete auf meinem Knie und sah mich mit schräggestelltem Kopf an. »Hast du schlechte Laune?« Ich brummte. »Ich wollte dir nur von deinem Freund Nikal berichten, aber wenn du schlechte Laune hast, komme ich ein andermal ...«
»Halt«, schrie ich. »H-hiergeblieben, Mag. Julian, w-was ist mit Nik?«
»Weg ist er«, sagte Julian. »Einfach ausgebüxt. Ich war ein paar Tage nicht in der Stadt, und als ich wiederkam, war er fort. Das ist eine reife Leistung, mußt du wissen. So leicht findet ein Mensch gewöhnlich nicht aus der Stadt hinaus.«
»O Julian!« sagte ich angespannt. »Wie konnte das p-passieren? Er irrt jetzt v-vielleicht irgendwo da draußen herum ...« Horrorvisionen erschienen vor meinen Augen. Nikal verirrt, verletzt, verloren, verstört, verstümmelt, ver ...
»Mach doch nicht so ein Drama daraus, Elloran!« sagte Julian scharf. »Wir finden ihn schon wieder.«
»W-wir?« fragte ich irritiert. Magramanir blinzelte mich verschwörerisch an.
»Ja, sicher. Du und ich. Wir finden ihn bestimmt!«
»O G-Göttin!«
»Was hast du?«
»Julian, ich – ich k-kann hier nicht weg. Nicht jetzt!«
»Warum nicht?« Magramanir schloß ein Auge und öffnete ungeduldig den Schnabel.
»Es g-geht eben nicht!« beharrte ich stur. »Kannst du nicht alleine n-nach ihm ...«
»Nein«, gab Julian ebenso stur zurück. »Kann ich nicht. Was bin ich, Nikals Kindermädchen?« Er klang richtig beleidigt.
»Ach v-verdammt!« Jetzt wurde ich wütend. »D-du bist doch wirklich ein – Warum h-hast du mir eigentlich nie gesagt, daß du m-mein Onkel bist?«
Magramanir sah mich gleichgültig an. »Dein was? Ach so, die alte Geschichte. Wen kümmert das denn?«
»M-mich vielleicht?«
»Warum?«
»Weil ...« Ich stockte. Ganz unrecht hatte er ja nicht. Was bedeutete das im Grunde schon? Wir waren miteinander befreundet, das war wahrscheinlich mehr, als die meisten Neffen von ihren Onkeln behaupten konnten. »Weil es sich eben so g-gehört«, schloß ich lahm. Magramanir lachte.
»Also gut, dann bin ich eben dein Onkel, weil sich das so gehört. Und was ändert das? Junge, ich hab dir doch erzählt, daß Magier keinen sehr ausgeprägten Familiensinn kennen. Was soll das also?«
»Wir kennen k-keine Familien, keine Bindungen, wenig Nachsicht und keine L-Liebe für euch Kurzlebige«, flüsterte ich.
»Was sagst du da?« fragte Julian überrascht. Ich schüttelte mich und antwortete: »Ach, vergiß es. Warum warst du in S'aavara?«
Julian hustete, was sich aus dem Schnabel eines Raben sehr ulkig anhörte. »Sag mal, was gibt das hier? ›Fragen wir unserem lieben Onkel Löcher in den Bauch, bis er schreit?‹ Was geht es dich Rotznase an, wo ich hinreise?«
»Ich werde doch noch f-fragen dürfen.«
»Klar, aber wundere dich nicht, wenn du keine Antworten bekommst«, schnappte Julian. »Ich habe der Heimat deiner geliebten Leonie einen kleinen Besuch abgestattet, weil sie mich interessierte. Ich kann schließlich reisen, wohin ich will, oder muß ich neuerdings meinen gerade seinen Windeln entwachsenen Neffen dafür um Erlaubnis bitten?«
»L-Leonie ist S'aavaranerin?«
»Jaaa!« brüllte Julian. »Was dachtest du; eine etwas zu lang durchgebratene Norrländerin? Junge, benutzt du deinen Kopf hin und wieder auch mal zum Denken oder hast du ihn nur, damit es dir nicht in den Hals regnet?« Magramanir krächzte aufgebracht und schwang sich in die Luft. Mit offenem Mund sah ich ihr nach. Julian einmal so wütend zu erleben, war ein Ereignis.
»Du rred mit ucello?« Cesco war lautlos hinter mir erschienen und sah Magramanir ebenso gebannt nach wie ich. Heute sah er mehr denn je aus wie eine junge Frau: das lange Haar zu einem lockeren Knoten auf dem Kopf aufgesteckt, ein weichfallendes knöchellanges Hemd aus hellgrüner Seide am Leib, das fast bis zum Bauchnabel offenstand; darunter schauten zierliche weiche Lederpantöffelchen mit neckischen kleinen Bommeln an den Spitzen hervor. Ich wischte meine urplötzlich feuchten Handflächen an meiner Hose trocken und leckte mir über die spröden Lippen. Er legte seine Arme um mich und küßte mich auf die Nase. Dann legte er einen Finger auf die Schramme, die er mir beigebracht hatte und riß die Augen auf.
»Du ferîte – ah – geschmerzt? Wie passiert, Ellorran?« Ich sah ihn fassungslos an, aber der Blick seiner violetten Augen war unschuldsvoll und scheinbar ehrlich besorgt.
»Ich b-bin gegen eine Tür gelaufen«, sagte ich. Er leckte mit seiner kleinen, rauhen, rosafarbenen Zunge gründlich über die Schramme.
»Besser, Ellorran?« fragte er. Ich versicherte sehr ernsthaft, daß ich jetzt überhaupt nichts mehr von dem Kratzer spürte. Er verschränkte die Hände in meinem Nacken und sah mich lange und gründlich an.
»Gehen meine câmra«, sagte er entschieden. Ich blickte verständnislos. Er suchte nach Worten, stöhnte dann ungeduldig, stampfte mit dem Fuß auf und griff nach meiner Hand.
»Mitkomm, Ellorran!« befahl er und zog mich mit sich. Ich folgte ihm neugierig in einen Seitenflügel des neueren Gebäudes, wo er vor einer Tür stehenblieb, sie schwungvoll öffnete und hineinwies. »Câmra«, sagte er, als würde er mir eine Person vorstellen. Dann legte er mir die Hand ins Kreuz und schubste mich hinein.
Der Prinz von den Inseln hatte von der Krone ein großes, vornehm eingerichtetes Gemach zur Verfügung gestellt bekommen. Große Flügeltüren öffneten sich auf einen sonnenüberfluteten Innenhof und ließen helles Licht in den Raum fallen – auf dicke Teppiche in glühenden Farben, weiche, große Kissen, die im ganzen Raum verteilt lagen, mehrere niedrige, üppige Diwane und zierliche kleine Tischchen aus Holz und Metall. Überall standen Gefäße mit süß duftenden Blüten, und das Zwitschern von Vögeln erfüllte den Raum. Ich kam mir vor wie in einer anderen Welt, einem Märchenland aus Farben und Gerüchen, die mir fremd und wunderbar erschienen. Inmitten dieser exotischen Umgebung erschien Cesco nicht mehr ganz so wie ein verirrter Paradiesvogel. Hier drinnen bewegte er sich mit großer Gelassenheit und so etwas wie selbstverständlicher Hoheit. Er schleuderte die Pantoffeln von seinen Füßen und schritt auf bloßen Füßen zu mir. Er zog mich auf eines der riesigen Kissen und begann, mein Hemd aufzuknöpfen. Ich hielt seine Hände fest. Er sah mich verwundert an.
»Was ist, Ellorran? Nicht wollen?« Er sah gekränkt aus. Ich schüttelte heftig den Kopf und küßte seine Handfläche.
»Ich m-muß dir etwas s-sagen, Cesco«, begann ich verzweifelt. Er legte den Kopf schief und wartete. ›Nicht schon wieder‹ schoß es mir durch den Kopf. »Ich bin kein Mann, ich b-bin T'svera.« Er sah mich immer noch an.
»Ja?« sagte er unsicher. »Was ist? Tisvera?«
Ich rieb mir verzweifelt durchs Gesicht. »Mann«, sagte ich und zeigte auf ihn. Er grinste schief, sagte aber nichts dazu. »Frau«, fuhr ich fort und zeichnete kurvige Umrisse in die Luft. Sein Grinsen wurde breiter. »T'svera«, endete ich und zeigte auf mich. Er krauste die Stirn und biß sich auf die vollen Lippen.
»Mann«, sagte er unsicher und setzte hinzu: »Giacchîn?« Ich nickte. »Frau«, fuhr er kichernd fort. »Domna Veelora.« Ich nickte erneut. »Tisvera«, er lachte breit und zeigte auf – sich. Ich schnappte nach Luft und sah ihn sich lachend auf dem Teppich wälzen und vor Wonne mit den Beinen strampeln. »Tisvera«, schrie er wieder und riß mich in seine Arme. Wir landeten mit einem Plumps auf dem Kissen. Er hielt sich nicht mehr lange mit den Verschlüssen meines Hemdes auf. Ohne Umstände riß er es mir vom Leib und biß mich in die Schulter, daß Blut floß und ich Sterne sah.
Auf das, was dann folgte, hatte mich der behutsame und zärtliche Tom nur ungenügend vorbereitet. Ich fühlte mich, als würde ich mit einem Rudel Wildkatzen und einer ganzen Sippe bissiger kleiner Ratten gleichzeitig das Lager teilen. Als wir schweratmend voneinander abließen und ermattet aneinandergeschmiegt in den Kissen lagen, wünschte ich mir fast, ich hätte etwas von Jemainas stinkiger grüner Salbe von zu Hause mitgebracht. Mein Körper fühlte sich an, als hätte ein Stachelschwein ihn als Trampolin benutzt. Cesco fuhr sanft mit seinen langen Nägeln über meine Brust und kitzelte mich lüstern. Seine Haare hingen aufgelöst herab und streiften meinen Bauch.
»Du durstig?« fragte er. Ich nickte. Er stand geschmeidig auf und ging zu einem kleinen geschnitzten Schrank auf der anderen Seite des Zimmers. Träge drehte ich mich auf die Seite und sah ihm nach. Mein goldhäutiger Prinz war der erste T'svera, den ich zu Gesicht bekam, und ich konnte mich nicht satt an ihm sehen. War dies der Eindruck, den ich auf andere Menschen machte? Dieses ungewisse Schweben zwischen Mann und Frau, Bewegungen und Körperhaltungen, die im einen Augenblick zum einen und kurz darauf schon wieder zum anderen Geschlecht zu gehören schienen? Wie hatten meine Eltern sich nur einbilden können, ich könnte jemals die Rolle eines Mannes durchhalten: Jeder, der auch nur einmal einen T'svera zu Gesicht bekommen hatte, würde sofort wissen, womit er es zu tun bekam. Ich seufzte.
Cesco kniete mit einem zierlichen kleinen Tablett in der Hand neben mir nieder und schenkte einen silbernen Kelch mit duftendem, süß parfümiertem Wein voll. Er setzte ihn mir an die Lippen, und ich trank, ohne den Blick von seinem schönen Gesicht zu wenden. Er hob den Kelch an seinen eigenen Mund. Voller Begeisterung sah ich zu, wie sein langer, schlanker Hals sich beim Schlucken bewegte. Ich hob meine Hand und legte sie auf seine glatte Brust. Der schwere Wein, der mit exotischen Gewürzen versetzt worden war, ließ mir den Kopf schwimmen. Cesco legte sich wieder neben mich und bettete seinen Kopf auf meine Brust. »Du zu mâgre«, sagte er mit einem herzzerreißenden Gähnen, bei dem ich seinen rosa Gaumen sehen konnte. »Alles Knoch und Stein!« Ich kicherte. Dafür hatte ich mich mit Jenka nun seit Tagen auf dem Waffenhof geplagt, daß dieses verwöhnte Prinzchen mich jetzt als zu hart für seinen Kopf befand! Ich kniff ihn in die Seite. Er kreischte und fuhr herum.
»Ai! All'malôr!« schimpfte er und schlug mich, daß mir die Luft wegblieb. Dann warf er sich auf mich und begann mich mit höchster Gründlichkeit abzuküssen.
In dieser Nacht kam ich nicht zum Schlafen. Wir liebten uns, wir tranken den schweren, gewürzten Wein und aßen klebrige Süßigkeiten dazu, die wir uns gegenseitig von den Lippen stahlen; dann liebten wir uns wieder, ruhten eine Weile aus und begannen von vorne. Trunken von dem zu reichlich genossenen Wein und einer beinahe tödlichen Überdosis Cesco schlich ich mich im Morgengrauen zurück in meine Kammer, um vor meinem Arbeitsbeginn noch eine oder zwei Stunden Ruhe zu bekommen.
Karas bemerkte mit hochgezogenen Brauen meine angeschlagene Verfassung. Die bösesten Schrammen verdeckte glücklicherweise mein Wams; aber nicht so leicht verbergen ließ sich leider, daß ich betrunken zur Arbeit erschienen war. Der kurze Schlaf hatte mich nicht hinreichend ernüchtern können, und Karas hatte für solche Einzelheiten aus eigener Erfahrung einen scharfen Blick. Er machte keine Bemerkung darüber, runzelte nur befremdet die Stirn. Ich bemühte mich um eine möglichst deutliche Aussprache und tat so, als wäre alles in bester Ordnung. Die Stunden bis zum Mittag dehnten sich unendlich und quälend. Schließlich klappte Karas den Aktenordner zu, aus dem er mir diktiert hatte und rieb sich die Augen. »Schluß für heute«, sagte er müde. »Ich bin noch nicht wieder auf dem Damm.« Er blickte mich scharf an. »Du legst dich besser auch ins Bett und schläfst deinen Rausch aus, Kind«, sagte er erstaunlich mild. »Ich möchte das nicht noch einmal erleben. Oder willst du, daß deine Großmutter mir Vorwürfe macht, ich hätte dich zum Trinken verführt?« Ich wurde rot.
»D-danke«, sagte ich zerknirscht. »Es s-soll nicht wieder vorkommen, domu.« Er gab mir einen zärtlichen Klaps auf die Wange und murmelte: »Sei klug, Kind. Nimm dir kein Beispiel an mir!«
Trotz meiner allerbesten Vorsätze mußte ich meinen Großvater dennoch bitter enttäuschen. Ich steckte bald jede freie Minute mit meinem goldenen Prinzen zusammen. Zum Ende des Frühlings waren Veelora und ein Teil ihrer Garde – darunter auch Jenka – abgereist, um in Kerel Nor nach dem Rechten zu sehen.
»Es ist nicht wirklich nötig«, sagte meine Großmutter verlegen bei unserem letzten gemeinsamen Frühstück zu Karas. »Aber ich war jetzt über ein Jahr nicht mehr zu Hause, und ich habe ein wenig Heimweh. Ach, Liebster, wenn du doch mit mir kommen könntest!« Karas hatte nur gelächelt und zärtlich ihre Finger geküßt, ohne darauf zu antworten.
»Komm nur heil wieder«, bat er etwas später. »Und laß uns nicht gar so lange allein.« Sie hatten sich unter Tränen verabschiedet, und ich sah Veelora und Jenka davonreiten. Diesmal fiel mir der Abschied nicht mehr so schwer: Ich wußte, sie würden wiederkommen – und ich hatte ja Cesco.
Der hatte inzwischen eine Gefolgschaft von jungen Adligen der Krone um sich geschart, die ihn fast genauso anbeteten, wie ich das tat. Es war eine ausgelassene, wilde Bande, sorglos und leichtsinnig. Ich genoß es, mit Cesco und den anderen jungen Männern durch die engen Gassen der Kronstadt zu galoppieren und ihre Bewohner damit in Angst und Schrecken zu versetzen. Cesco war unser ungekrönter König. Die Streiche, die er ausheckte, verschlugen mir manches Mal den Atem wegen ihrer Tollkühnheit und oft auch gedankenlosen Grausamkeit. Aber ich war ihm bedingungslos verfallen und tat ohne zu Zögern alles, was er von mir verlangte. Als sein Liebhaber genoß ich in der Schar der Jünglinge eine besondere Stellung, auch wenn ich jünger war als die meisten anderen.
Ich vernachlässigte alles andere um seinetwillen. Ich fand keine Zeit mehr zum Üben: Jenka war ohnehin fort, und außerdem mochte Cesco mich lieber fülliger, weniger ›Knoch und Stein‹. Nur noch selten besuchte ich Leonie, da ich ihre Mißbilligung wegen meiner Obsession fürchtete; und mein Großvater – nun, ich sah ihn ohnehin täglich bei meinem Dienst, und wenn ich auch oft nur halbherzig bei der Sache war, so bemühte ich mich doch, es ihm recht zu machen. Es gelang mir nur immer schlechter, und immer häufiger erschien ich mit Verspätung und alles andere als nüchtern zur Arbeit. Cesco hatte eine Vorliebe für schwere Weine, und er liebte es ganz besonders, sie mit exotischen Drogen zu mischen. Es gab Tage, an denen ich keine Sekunde lang einen klaren Kopf bekam, sondern nur im Nebel durch den Tag schwamm, bis endlich der Abend sich neigte und ich ganz in Cescos Armen und unserer Traumwelt versinken konnte.
An einem Vormittag im frühen Kornsommer versäumte ich sogar zum ersten Mal ganz und gar, zur Arbeit zu erscheinen. Cesco war auf verbotenen Wegen an einige seltene S'aavaranische Drogen herangekommen, die er unbedingt mit mir hatte ausprobieren müssen. Ich erwachte dadurch, daß ich jemanden auf meiner Bettkante sitzen spürte. Wie fast immer in den letzten Wochen war ich erst im Morgengrauen zurück in mein eigenes Bett getaumelt und hatte es gerade noch geschafft, mir die Kleider vom Leib zu reißen und meinen Kopf zum Schutz gegen das einfallende Sonnenlicht unter mein Kissen zu stecken, ehe ich in einen bleiernen Schlummer fiel.
»Junge, mein liebster Junge«, hörte ich jemanden jammern. »Was geschieht nur mit dir?«
»Hng?« schnaufte ich, noch immer benommen von diesem grauenhaften Kraut, das wir geraucht hatten. Ich schob das Kissen von meinem Gesicht herunter und sah in die zutiefst besorgte Miene meines Großvaters. Er starrte mit erschrecktem Abscheu auf meinen bloßen Körper und all die Kratzer und Bisse, Striemen, Narben und blauen Flecke, die mich vom Kopf bis zu den Füßen übersäten. Voller Panik zog ich das heruntergerutschte Laken hoch und stammelte: »Großvater. W-was tust du h-hier?«
Er sah in meine Augen und entdeckte dort anscheinend irgend etwas, das ihm außerordentlich mißfiel. »Es ist fast Mittag«, sagte er hart. »Du bist nicht zur Arbeit erschienen, und ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Aber anscheinend war das völlig unnötig. Ich erwarte dich in einer halben Stunde in meinem Arbeitszimmer. So nüchtern, wie du bis dahin werden kannst!« Er stemmte sich auf die Füße und hinkte zur Tür. Dort blieb er eine Sekunde lang stehen, als wolle er noch etwas sagen, aber er schüttelte nur den Kopf und ging ohne ein weiteres Wort hinaus.
»Oh, ver-verdammt!« fluchte ich und schwang die Beine aus dem Bett. Mein Kopf drohte zu zerspringen. Ich steckte ihn erstmal in die Waschschüssel. Tropfend und fluchend stieg ich in meine Kleider und suchte nach der Kordel für meine Haare. Ich fand sie nicht; nicht unter dem Bett, nicht zwischen den Laken im Bett, nicht zwischen meinen Kleidern vom Vortag. »Mist, Mist, Mist!« brüllte ich unbeherrscht und hielt mir den Kopf.
»Junge, bist du aber in Fahrt«, bemerkte meine Schwester spöttisch. Sie hatte sich schon seit dem Jungsommer nicht mehr bei mir blicken lassen. Ich machte einen erschreckten Satz, als ich so unvermutet ihre Stimme hinter mir hörte. Sie saß im Schneidersitz auf meinem Bett und blickte mich kritisch an.
»Du solltest dich sehen«, bemerkte sie. »Du siehst aus wie etwas, was die Katze unterm Bett gefunden hat.« Sie kniff die Augen zusammen und pfiff ein paar falsche Töne. »Leonie würde gerne mal wieder mit dir sprechen«, sagte sie zusammenhanglos.
Ich kroch auf Händen und Füßen über den Boden und suchte nach der Kordel. »Leonie wird warten müssen«, fauchte ich. »Erst einmal reißt mir Großvater den Kopf ab. Und wenn ich diese verfluchte Kordel nicht wiederfinde, habe ich wahrscheinlich noch den gesamten Kronrat am Hals, wegen Veruntreuung oder so!«
»Die höchst zeremonielle Seidenkordel?« fragte sie unschuldsvoll und betrachtete ihre Fingernägel. Ich stutzte.
»Was weißt du darüber?« fragte ich mißtrauisch.
»Nur, daß du sie letzte Nacht deinem Liebsten geschenkt hast, weil er so nett darum gebeten hat.« Sie riß die Augen auf. »Aber du bekommst bestimmt mildernde Umstände, du warst nämlich mal wieder voll wie ein Lampenfisch – autsch!« Ich hatte ihr das Kissen an den Kopf geworfen, und sie hatte sich nicht schnell genug geduckt.
»So ein verdammter – was mache ich jetzt?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Binde dir die Haare mit was anderem zusammen«, schlug sie einfach vor. »Du willst doch Großvater nicht wegen einer dussligen Kordel warten lassen.«
»Ach, du kannst mich ...«, schrie ich und stürmte mit offenen Haaren aus dem Zimmer. Hinter mir verklang ihr spöttisches Lachen.
»Herein«, rief Karas, als ich an seine Tür klopfte. Er hob nicht den Blick von seiner Lektüre, wies nur stumm auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Ich ließ mich unbehaglich darauf nieder und verschränkte die Hände. Er ließ die Blätter sinken und sah mich lange schweigend an.
»Ich habe eine Menge Beschwerden über dich und deine – Freunde zu hören bekommen«, sagte er schließlich spröde. »Ihr tyrannisiert die Stadt, heißt es.« Er schwieg, wartete. Ich rutschte auf meinem Stuhl herum. »Willst du dich nicht dazu äußern?« fragte er nicht unfreundlich. Ich kniff die Lippen zusammen. Er seufzte und blickte auf die Papiere in seiner Hand.
»Karol, ein Obsthändler am Äußeren Wall, hat sich mehrfach darüber beschwert, daß ihr euch einen Spaß daraus macht, seine Auslagen zu zertrampeln. Er erwähnt Ballspiele mit seinen Melonen.« Er blickte mich an, ich schwieg.
»Viele der Händler auf dem Großen Markt erheben ähnliche Klagen. Ihr bezahlt nicht für das, was ihr euch nehmt und laßt rücksichtslos alles um euch herum bei euren Raubzügen und Verfolgungsjagden zu Bruch gehen. Und so weiter und so weiter.« Er ließ die Papiere wieder sinken und rieb sich mit dem Daumen über die Augen. Dann fuhr er fort, mit derselben nüchternen Stimme: »Man beklagt sich bei mir, daß ihr bei all dem eine äußerst freche und unverschämte Sprache führt und schon wiederholte Male böse Prügeleien angezettelt habt. Und als Köpfe und Anführer dieses ganzen widerwärtigen Treibens werden immer wieder die beiden hochmütigen jungen Herren mit den langen Haaren genannt!« Er warf die Papiere mit einer heftigen Bewegung auf den Tisch und stützte den Kopf in die Hände.
»Junge, wie soll das nur weitergehen?« fragte er dumpf. »Du trittst alles mit Füßen, was mir heilig ist. Ich begreife dich nicht. Du – du – nicht genug, daß du jeden Morgen betrunken zum Dienst erscheinst – wenn du denn überhaupt erscheinst! – du nimmst irgendwelche Drogen ein, die dir den Kopf benebeln, und du siehst aus, als hätte ein Messerwerfer dich als Zielscheibe benutzt ... Was, bei allen Göttern ist nur los mit dir?« Ich schwieg. Er hätte es ohnehin nicht verstanden.
Karas faltete die Hände vor dem Bauch und hauchte gedankenverloren auf den königlichen Siegelring. »Ich verbiete dir den Umgang mit dem Prinzen und seiner rüpelhaften Anhängerschaft«, erklärte er ruhig. »Ich stelle ihn und dich unter Stubenarrest, und sobald es ohne diplomatischen Zwischenfall möglich ist, schicke ich ihn zu seinem Vater zurück. Du wirst bis auf weiteres unter Bewachung auf deinem Zimmer bleiben. Wenn ich dich benötige, und meinetwegen einmal am Tag zu Kampfübungen, darfst du hinaus. Keine Besuche. Deine Mahlzeiten werden dir aufs Zimmer gebracht. Alles weitere wird sich ergeben.« Seine Stimme klang ehern und gebieterisch. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. So hoheitsvoll hatte ich den rundlichen kleinen Kammerherrn noch nie erlebt. Er sah mich an, eisig, fern wie die Sterne. »Geh mir jetzt aus den Augen«, sagte er kalt.
Ich stand heftig auf, der Stuhl polterte hinter mir zu Boden. »D-du kannst mich nicht v-von ihm trennen!« schrie ich.
Er stand auf, mühsam beherrscht. »Und ob ich das kann, mein Freund. Du würdest dich wundern, was ich alles kann! Raus jetzt mit dir!« Ich stürmte hinaus, blind vor Tränen – und schmetterte die Tür hinter mir zu.
»Er sperrt mich ein!« tobte ich in meinem Zimmer. »Er stellt mir eine Wache vor die Tür, er läßt mich nicht mehr zu Cesco – er sperrt mich einfach hier ein!«
»Ach was«, sagte sie gleichgültig. »Hast du genug zu lesen?« Ich starrte sie sprachlos an. Sie rutschte von meinem Bett herunter und legte mir einen Finger auf die Nase. »Unser Onkel hat recht. Du benutzt deinen Kopf nicht. Sei einmal in deinem Leben vernünftig und tu, was Karas sagt. Übrigens, Leonie läßt dich grüßen. Sie will sehen, ob sie was für dich tun kann.«
Sie lächelte und öffnete die Tür. Ich konnte den Rücken des Soldaten sehen, der draußen stand. Er rührte sich nicht einmal, als sie ganz dicht an ihm vorbeiging. Ich seufzte. Er drehte sich um und sah mich mißtrauisch an. »Ja, junger Herr?«
»Ich h-habe Hunger«, sagte ich. »Und würdest du meinen – domu K-Karas fragen, ob ich mir etwas zu l-lesen aus der Bibliothek kommen lassen darf?«
Er nickte steif und sagte: »Ich habe die Anweisung, deine Tür abzuschließen, wenn ich fortgehe, junger Herr. Ich will es dir nur sagen, damit du nicht erschrickst.« Ich biß die Zähne zusammen und neigte bestätigend den Kopf. Gedemütigt schloß ich die Tür und hörte, wie sich der Schlüssel im Schloß umdrehte.
In den nächsten Wochen lernte ich, was Langeweile heißt. Auch im Arbeitshaus war ich eingesperrt gewesen, aber es hatte immer genügend zu tun gegeben, so daß ich nicht gezwungen gewesen war, völlig untätig herumzusitzen. Karas hatte mir zwar gesagt, er würde mich holen lassen, wenn er mich benötigte, aber das war nicht geschehen. Wahrscheinlich hielt er es für erzieherisch wertvoller, mich im eigenen Saft schmoren zu lassen. Sein großherziges Angebot, zu den Übungen gehen zu dürfen, schlug ich trotzdem aus. Er wollte mich einsperren? Gut, dann würde ich auch keinen freiwilligen Schritt aus meinen Räumen tun! Er selbst suchte mich regelmäßig auf, aber ich weigerte mich, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln, und er verließ mich mit jedem Mal verbitterter.
Ich blätterte lustlos in den Büchern, die man mir brachte; aus Langeweile aß ich alles, was mir aufgetischt wurde, bis auf den letzten Krümel auf. Ich war schließlich so vollgestopft, daß ich mich kaum mehr rühren konnte; ich verschlief den halben Tag und sehnte mich mit jedem Atemzug, den ich tat, nach Cesco.
Nach mehreren Wochen Einzelhaft hätte ich mich wahrscheinlich sogar darauf gefreut, ein Schwätzchen mit meinem Vater zu halten. Die seltenen Besuche meiner Traumschwester lenkten mich zwar ein wenig ab, aber sie waren nicht wirklich; Unterhaltungen mit ihr hatten immer den Beigeschmack von Selbstgesprächen. Gespräche mit einem sehr widerborstigen Selbst, das mich ständig zur Weißglut reizte – aber es blieben eben doch Selbstgespräche.
Nach einer unruhigen Nacht voller düsterer Träume saß ich mit einem Becher Schokolade in meiner Fensternische, ein Buch unbeachtet im Schoß und meinen blinden Blick auf den spätsommerlichen Hof gerichtet. Echos meiner Träume gaukelten hinter meiner Stirn.
»Was bezweckst du damit, Schüler? Ich verstehe deine Taktik nicht.«
»Du wirst sie auch erst begreifen, wenn es zu spät ist, alte Frau. Ich mache dir ein Angebot: Gib auf, bevor du eine schändliche Niederlage erlebst. Du kannst nun nicht mehr gewinnen.«
»Täuschst du dich nicht?«
»Höre ich da Unsicherheit in deiner Stimme, alte Freundin? Ich rate dir: Nimm mein Angebot an. Ich mache es dir kein zweites Mal.«
Ich schreckte hoch. Es hatte geklopft, wahrscheinlich der Diener, der mein Frühstück abräumen wollte. »H-herein«, rief ich. Wie lächerlich, ein Gefangener, der jemanden höflich in seine Zelle bat! Die Tür schwang auf, aber ich sah nicht auf.
»Besuch für dich«, meldete die freundliche junge Soldatin, die in dieser Woche mein Wachhund war. Oh, ihr bösen Geister, dachte ich, nicht schon wieder Karas! Er war erst gestern dagewesen, hatte schweigend in der Tür gestanden und mich angesehen wie ein waidwundes Reh. Es schüttelte mich, wenn ich nur daran dachte.
Die Frau trat beiseite und ließ einen stämmigen, dunklen Mann eintreten. Ich blickte ihm entgegen und sprang dann aus der Fensternische, daß Becher und Buch zu Boden flogen. Er tat zwei Schritte in den Raum und blieb stehen, um mich anzusehen wie einen völlig Fremden. Ich blickte verwirrt kurz an mir herunter: Wie meist in der letzten Zeit war ich in ein langes hemdähnliches Gewand aus nachtblauer Seide gekleidet, das, wie Cesco zärtlich gesagt hatte, genau die Farbe meiner Augen besaß. Es spannte mittlerweile gefährlich um Bauch und Hüften, aber ich liebte es, weil mein Prinz es mir geschenkt hatte. Meine Haare waren ungekämmt und nachlässig mit zwei schmalen, seidenglatt polierten Holzstäben hochgesteckt, ebenfalls ein Geschenk von Cesco.
Warum starrte er mich nur so seltsam an?
»T-Tom«, sagte ich unbehaglich, weil er beharrlich schwieg. »W-wo kommst du her?« Er schüttelte den Kopf, als wolle er eine Benommenheit daraus vertreiben und lächelte sein vertrautes, liebevolles Lächeln.
»Hallo, mein Kleiner. Ich bin gerade angekommen und dachte, ich mache dir meine Aufwartung. Wenn ich geahnt hätte, daß ich dafür einen offiziellen Passierschein von ganz oben brauchen würde, hätte ich mir die Sache sicher noch mal überlegt.« Er lachte breit. »Was hast du angestellt? Ein Attentat auf die Krone verübt?«
Ich stöhnte und mußte dann auch lachen. »Viel schlimmer, Kater. Ich habe m-meinen Großvater verärgert.«
Er lachte verständnisvoll. »Ich kenne den alten Herrn ja nicht, aber ich kann mir vorstellen, daß er unangenehm werden kann – wenn er nur halb so stur ist wie sein Enkel, wollte ich damit sagen. Sag mal, willst du mich hier eintopfen lassen, oder darf ich mich setzen?« Ich wurde rot und machte eine einladende Handbewegung. Wir saßen uns gegenüber und sahen uns seltsam gehemmt an.
»Du hast dich sehr verändert«, sagte er nach einer langen Pause. »Wie ist es dir ergangen, nachdem ...«
»Nachdem Quinn mich rausgesetzt h-hat, meinst du?« Ich war selbst erstaunt, wie bitter meine Stimme klang. Er biß sich auf die Lippe und sah schuldbewußt drein.
»Es tut mir wirklich leid, daß es so gekommen ist«, sagte er leise. »Ich habe nicht wirklich um dich gekämpft, das ist mir nun klar. Aber du warst so plötzlich fort, und ich war noch nicht wieder ...«
»Ach, lassen wir die alten Geschichten«, unterbrach ich ihn. Er schluckte und sah mich überrascht an. »Was hast du seitdem getrieben?«
Er rümpfte leicht gekränkt die Nase und sagte unbestimmt: »Ach, wir waren hier und da unterwegs. Galen hat uns ziemlich auf Trab gehalten.«
»Ihr wolltet doch eigentlich abreisen, warst du nicht deshalb damals so schlecht gelaunt?«
»Ja, aber Quinn konnte sich nicht gegen Galen durchsetzen. Die alten Rangeleien, aber in diesem Fall hat Omelli Galen rechtgegeben. Solange die Auseinandersetzung mit S'aavara sich nicht weiter steigert ...« Er unterbrach sich und sah mich fast wütend an. »Sag mal, ich bin doch nicht hier, um mit dir über Politik zu sprechen!« Er erhob sich von seinem Stuhl und setzte sich dicht neben mich auf den Diwan, nahm meine Hand und sah mich forschend an. Ich erstarrte peinlich berührt zu Eis. Seine Augen verschleierten sich.
»Ach so«, sagte er leise. »So ist das. Ich bin doch ein alter Trottel!« Er lachte und ließ meine Hand los. Im Aufstehen sagte er munter: »War nett, dich mal wiedergesehen zu haben, Kleiner. Halt die Ohren steif.«
»Tom«, rief ich verlegen. »Tom, bitte. Sei mir n-nicht böse!« Er drehte sich um, ehrliches Erstaunen im Gesicht.
»Warum sollte ich dir böse sein, Kleiner? Mach's gut.« Er nickte noch einmal und ging hinaus. Seltsam, ich hatte Tränen in den Augen. Ich hob das heruntergefallene Buch vom Boden auf und wog es einen Augenblick lang in der Hand. Dann schmetterte ich es mit einem wütenden Aufschrei gegen die Wand und warf mich auf mein Bett. Cesco! Warum tat es nur immer noch so weh?