5

Julians und Nikals geplante Abreise verzögerte sich wegen des stürmischen Wetters, das sich pünktlich zum Winterende noch einmal eingestellt hatte. Nikal hatte seine Ankündigung wahrgemacht und meinen Vater um seinen Abschied gebeten. Morak hatte seinem Wunsch zuerst nicht entsprechen wollen. Er hielt die Bitte für ausgemachten Unsinn, für einen Anfall von Launenhaftigkeit nach einem langen, untätig verbrachten Winter. Nach einigem Zögern hatte er Nikal jedoch Urlaub gewährt, damit er zur Stadt der Magier reisen konnte, aber auch das nur, weil sein Kommandant damit gedroht hatte, andernfalls kurzerhand zu desertieren. Nikal erschien mir inzwischen fast wieder gesund. Er hatte zwar nicht zu seinem alten, gutgelaunten Wesen zurückgefunden, aber die erschreckenden Anfälle von unkontrollierter Wut und Gereiztheit gehörten der Vergangenheit an. Zudem hatte Jemaina ein taugliches Mittel gegen seine Kopfschmerzen gefunden. Ich fragte mich, warum er überhaupt noch mit Julian gehen wollte.

Meine Nächte waren erträglicher geworden. Die Träume peinigten mich zwar noch immer, erreichten aber nicht mehr das Schreckensmaß ihrer Vorgänger. Dennoch verfolgte mich das Bild meiner verzweifelten, von dunklen Mächten verfolgten Schwester. Ich saß untätig herum kaute an meinen Fingernägeln und wartete voller Ungeduld auf die Einladung der Krone, als könne sie auf einen Schlag all meine Probleme lösen.

An einem dieser zum Verzweifeln ereignislosen Nachmittage – ich drückte mich gerade in der Halle herum und lauschte unaufmerksam einem der endlosen Wortgefechte zwischen unserem Stallmeister und dem Schmied – da stürmte mein alter Feind, der dicke Bernak, durch die Tür.

»Leute, das müßt ihr euch ansehen«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Der Heilige Nikal – voll wie ein Lampenfisch!«

Alle ließen fallen, was sie gerade in den Händen hielten, und drängten sich zur Tür. Unseren ungläubigen Augen bot sich ein wahrhaft bemerkenswerter Anblick: Der massige Kommandant der Wache überquerte mit stolz erhobenem Haupt den Burghof, in mustergültig straffer Haltung, sehr gerade, sehr konzentriert und offensichtlich sehr betrunken.

Zu allem Unglück trat in diesem Augenblick mein Vater aus der Tür des Gesindehauses. Ich sah sein Gesicht: zuerst ungläubig und dann dunkel vor Zorn. Der Burgherr winkte den einäugigen Janik herbei und gab ihm einen schroffen Befehl. Janik salutierte mit unglücklicher Miene und ging auf seinen Kommandanten zu. Er griff nach Nikals Arm, doch der ließ sich nicht beirren. Er schüttelte Janik Einauge ab wie einen zudringlichen Köter und setzte seinen langsamen Gang zum Burgfried fort. Janik knurrte etwas und packte fester zu. Nikal versetzte ihm einen heftigen Hieb mit der Faust, der den kleineren Mann etliche Schritte zurücktaumeln ließ. Erneut warf sich Janik auf ihn – ich bewunderte seine Hartnäckigkeit – und schrie gleichzeitig laut nach Verstärkung. Drei Wachen stürmten im Laufschritt auf den Hof und stürzten sich in das Handgemenge. Mein Vater stand mit versteinerter Miene da und sah zu, wie Nikals Fausthiebe zwei der Männer blutend zu Boden schickten. Erst, als noch weitere Soldaten hinzukamen, gelang es ihnen mit vereinten Kräften, ihren tobenden Kommandanten niederzuringen. Die gaffende Menge pfiff und johlte zu diesem Schauspiel, aber ein wutflammender Blick des Burgherrn ließ das Publikum schnell verstummen und sich wieder in die Halle zurückziehen.

Ich löste mich aus meiner Erstarrung und rannte wie von bösen Geistern gehetzt zu Jemainas Kate. Laut rufend und gegen die Tür trommelnd scheuchte ich sie heraus.

Als wir den Ort des Geschehens erreichten, war bereits alles vorbei. Vier Soldaten saßen oder lagen verletzt am Boden, einer von ihnen war bewußtlos. Weder Nikal noch mein Vater war zu sehen, und der Hof schien leer bis auf einige Wachen, die sich um die Verletzten kümmerten. Jemaina schob wortlos einen Mann zur Seite, der neben dem bewußtlosen Reuven kniete, und begann ihn zu untersuchen.

Mein Vater kam heran und blieb neben uns stehen. »Wie steht es um ihn?« fragte er schroff.

Jemaina stand schwerfällig auf und schüttelte den Kopf. »Laß Männer mit einer Trage kommen, domu«, sagte sie beherrscht. »Ich möchte ihn bei mir unter Beobachtung halten.«

»Wie schlimm ist es?«

»Ich kann noch nichts sagen. In zwei oder drei Tagen ...«

»Wird er sterben?« fragte Morak kalt. Ich starrte Jemaina beschwörend an, als könnte das irgend etwas ändern. Sie hob die Schultern.

»Laß uns einige Tage abwarten«, wiederholte sie. »Möglicherweise ist sein Zustand weniger ernst, als es jetzt aussieht.«

Mein Vater biß hart die Kiefer aufeinander. »Wenn Reuven stirbt, wird Nikal hängen«, preßte er zwischen den Zähnen hervor. Mir wurde schlecht vor Angst. Morak drehte sich brüsk um und befahl den Männern, eine Trage zu bringen. Sie hoben den Bewußtlosen unter Jemainas Anleitung behutsam darauf und trugen ihn aus dem Hof. Ich dachte fieberhaft nach. Falls ich Jemainas Miene richtig gedeutet hatte, hing Reuvens Leben an einer Spinnwebe. Das hieß, Nikal würde gehängt werden, und das unter Umständen schon sehr bald. Ich mußte herausfinden, wo sie ihn hingebracht hatten und dann zusehen, wie ich ihn befreien konnte.

Als erstes benachrichtigte ich Julian. Der fuhr sich durch die Haare, daß sie nach allen Seiten abstanden und begann, wild und ungeordnet allerlei Zeug in einen großen Reisesack zu werfen. Gleichzeitig erteilte er mir Dutzende überflüssiger Anweisungen. Als einige von Julians Besitztümern anfingen, durch den Raum zu springen und sich selbständig einzupacken, beschloß ich, daß es höchste Zeit sei, Nikals Aufenthaltsort herauszufinden.

Ich mußte nicht lange nach ihm suchen, denn meine erste Vermutung erwies sich als zutreffend. Ich kletterte die endlos lange Leiter zum Eingang des Burgfrieds hoch und sah Janik Einauge neben dem Angstloch Wache halten. Der Strick, der die einzige Möglichkeit bot, das Verlies zu betreten oder zu verlassen, hing aufgerollt an der Haspel. Der Soldat sah mich ausdruckslos an. Ein dicker Bluterguß zierte den Wangenknochen unter seinem einzigen Auge.

»Jan, ist Nikal unten?« fragte ich. Janik nickte nur. »Darf ich zu ihm?« bat ich, obwohl ich die Antwort kannte.

»Keiner darf zu ihm, Befehl deines Vaters.« Er zuckte mit den Achseln und grinste mich schief an. »Tut mir leid, Junge.«

Ich kletterte wieder hinab in den Hof. Jemaina war meine nächste Station. Sie stand am Tisch und mischte mit verbissener Miene eine ihrer stinkenden grünen Salben.

»Wie steht es mit Reuven?«

»Schlecht«, lautete ihre unverblümte Antwort. »Ich versuche, ihn so lange wie möglich am Leben zu halten. Aber sein Schädel ist eingedrückt wie eine Eierschale. Ich denke nicht, daß er es schafft. Geh zu deinem Vater.« Ich sah sie zweifelnd an. »Geh zu ihm und bitte ihn, Nikal zu begnadigen. Auf seinen Sohn wird er vielleicht hören.«

Ich fand Morak in den Stallungen. »Ich kann mir denken, was du willst. Spar dir den Atem«, lautete seine entmutigende Begrüßung. Ungefähr das hatte ich erwartet, aber ich versuchte es dennoch.

»Bitte, Vater, höre mich an. Ich habe dich noch nie um etwas gebeten ...«

»Es hat keinen Zweck! Ich habe gesagt, Nikal wird hängen, wenn Reuven stirbt, und dabei bleibt es. Solche Vorfälle schaden der Disziplin, falls sie nicht hart geahndet werden; erst recht, wenn es sich bei dem Schuldigen um den Kommandanten der Wache handelt. Das müßte doch sogar in deinen Schädel gehen!«

Ich schluckte. Warum nur wurde ich das Gefühl nicht los, daß es noch einen anderen, verborgenen Grund für seine Unbeugsamkeit gab?

»Was geschieht mit Nik, wenn Reuven am Leben bleibt?«

»Er wird ausgepeitscht, als Strafe für seine Trunkenheit und die Prügelei auf dem Burggelände. Dann kann er sich aussuchen, ob er seinen Abschied nehmen oder als Gemeiner weiter in der Wache dienen will. Und das biete ich ihm nur an, weil er mir lange und treu gedient hat. Jeden anderen würde ich mit Schimpf und Schande davonjagen!«

Ich wußte, wann ich verloren hatte. Ich drehte mich auf dem Absatz um, aber Vaters barsche Stimme hielt mich zurück.

»Finde dich morgen zum zweiten Wachwechsel auf dem Hof ein. Alle männlichen Burgsassen müssen der Auspeitschung beiwohnen. Für morgen wollen wir dich ausnahmsweise einmal dazuzählen.«

Ich setzte rot vor Wut meinen Weg fort, ohne ihm zu antworten. Nikal bekam also in jedem Fall die Peitsche, ob er nun gehängt werden würde oder nicht. Jetzt blieb mir als einzige Hoffnung meine Mutter, möglicherweise konnte sie Vater noch umstimmen.

Aber Mutter erwies sich als ähnlich unzugänglich. »Hör auf, mich zu quälen, Elloran«, sagte sie. »Ich kann nichts für ihn tun. Gar nichts.«

»Mutter!« flehte ich. »Du bist die einzige, die ihm helfen kann. Jemaina glaubt, daß Reuven die nächste Woche nicht erleben wird – und dann stirbt auch Nikal!« Sie kehrte mir den Rücken zu, aber ich hatte den verräterischen Schimmer in ihren Augen gesehen.

»Glaube mir, ich bin die letzte, die Nikal helfen kann. Geh jetzt, Elloran.«

Ich stürmte türenknallend aus ihrem Gemach. Natürlich, ich war aber auch manchmal zu dumm! Da lag doch der Grund für meines Vaters Rachsucht, so klar zu sehen wie meine eigene Hand. Ich war bisher nicht sicher gewesen, ob er etwas geahnt hatte von dem, was sich zwischen dem Kommandanten und meiner Mutter abgespielt hatte – jetzt wußte ich es.

Wie zum Hohn schien am nächsten Tag eine blasse, tapfere Frühlingssonne auf Burg Salvok nieder, als ich mich wie alle andern mittags pünktlich zum Wachwechsel auf dem Hof einfand. Es waren nicht nur Männer in der aufgeregt murmelnden Menge, die sich um den Richtplatz versammelt hatte. Ich fragte mich, was einen Menschen, gleichgültig ob Mann oder Frau, dazu treiben konnte, sich solch ein Schauspiel freiwillig anzusehen. Ich selbst hätte liebend gerne darauf verzichtet.

Die Zimmerleute hatten schon morgens den Pfosten aufgerichtet, an den man Nikal binden würde. Mich beschlich der Verdacht, daß dieser Pfosten einen Teil des späteren Galgens bilden sollte – schaudernd vertrieb ich das Bild aus meinem Geist.

Jetzt trat Morak aus dem Palas und blieb am Kopf der Treppe stehen. Meine Mutter folgte ihm kurz darauf. Er gab ein Zeichen, und zwei unbehaglich dreinblickende Wachen führten Nikal vor. Er stand hochaufgerichtet mit gefesselten Händen zwischen ihnen, sein zerschlagenes Gesicht wirkte blaß und beherrscht. Der Burgherr wandte sich mit schneidender Stimme an ihn.

»Kommandant, welche Bestrafung verdient ein Soldat, der sich betrunken im Burghof prügelt?«

In Nikals Wange zuckte ein Muskel, aber seine Antwort schallte klar und deutlich über den Platz: »Zwanzig Hiebe und eine Woche Verlies, domu

Der Burgherr hob seine Hand und wartete, bis das erregte Gemurmel der Menge erstorben war.

»Höre mein Urteil, Kommandant der Wache: Deine wohlverdiente Strafe sind sechzig Hiebe mit der Peitsche und das Verlies so lange, bis Reuven, den du zuschanden geschlagen hast, genesen ist!« Ein Raunen und Zischeln ging durch die Versammlung. Das war das härteste Urteil, das an diesem Ort ausgesprochen worden war, seit vor Jahren der schwarze Naum gehängt wurde, weil er im Streit einen Kameraden erschlagen hatte.

Morak befahl erneut Ruhe, dann fuhr er fort, und seine Stimme war kalt und bar jeden Mitleids. »Höre weiter, Kommandant. Falls Reuven an den Folgen deiner Schläge stirbt, erwartet dich der Galgen. Das ist mein Spruch, und unumstößlich soll er sein, sonst möge mich die Göttin strafen!«

Nikal stand da wie versteinert. Ich sah, wie er den Blick meiner Mutter suchte und sie ihr Gesicht abwandte. Seine Schultern sanken für einen Augenblick herab, aber dann straffte er sie wieder und ließ sich von seinen Bewachern zu dem aufgerichteten Pfahl bringen. Sie führten die Stricke an seinen Handgelenken durch einen dort angebrachten Haken und zogen daran, bis sich seine Arme fast gestreckt über seinem Kopf befanden. Dann schnitt einer der beiden ihm das zerfetzte Hemd vom Leib. Sameel trat mit der neunschwänzigen Katze an ihn heran, holte weit aus, und mit einem pfeifenden Knallen ging der erste Schlag der Peitsche nieder. Nikal zuckte zusammen, aber aus seinem Mund kam kein Laut. Mit quälend langen Pausen zwischen den einzelnen Schlägen fuhr Sameels Arm auf und nieder. Nikal schrie noch immer nicht, aber ich hörte seinen stöhnenden Atem. Mir wurde so übel, daß ich glaubte, mich beim nächsten Schlag übergeben zu müssen.

Nach dem letzten Schlag ließ Sameel die Peitsche sinken. Nikal hing bewußtlos an den Stricken, die ihn an den Balken fesselten. Die Wachen banden ihn los und zerrten ihn auf die Beine. Sein Rücken schien keinen Streifen heiler Haut mehr aufzuweisen, nur noch rohes Fleisch, von dem das Blut herunterlief.

Mit ihrem Bündel in der Hand schritt Jemaina zielstrebig auf Nikal zu, aber die Soldaten versperrten ihr den Weg, einem Wink des Burgherren gehorchend. Jemaina drehte sich um und hob fragend und irritiert die Brauen.

»Geh, Heilerin«, sagte Morak. »Kümmere dich lieber um deinen anderen Patienten. Dieser hier verdient deine Fürsorge nicht.«

Jemaina spuckte angewidert aus und ging. Die Heilerin kannte den Burgherrn ebenso gut wie ich und wußte, daß Widerrede zwecklos war. Ich rannte hinter ihr her und holte sie am Eingang zum Kräutergarten ein. Sie schimpfte auf Olyssisch vor sich hin, was ein böses Zeichen war. Ich hatte die ruhige kleine Heilerin erst ein einziges Mal so aufgebracht erlebt: damals, als der Junge des Dorfschulzen von einem Pferd niedergetrampelt worden war und seine Mutter Jemaina nicht zu ihm lassen wollte, weil sie der schwarzen Hexe nicht traute.

»Dein Vater ist ein shi'hak Narr!« fluchte sie. Ich konnte ihr nicht widersprechen. Sie schimpfte weiter, bis wir ihre Kate betraten. Dort war sie wie ausgewechselt. Sie stellte ihr Bündel griffbereit neben die Tür und eilte in den Nebenraum. Ich wartete bang darauf, daß sie wiederkam. Sie blieb nicht lange drinnen, und ihr Gesicht war zutiefst besorgt, als sie zurückkam.

»Er lebt noch«, sagte sie knapp. »Aber er wird schwächer. Julian sollte sich besser reisefertig machen. Du sorge dafür, daß rechtzeitig Pferde bereitstehen. Bete zu deiner Göttin, daß Reuven noch ein paar Tage durchhält. Nikal wird in seinem jetzigen Zustand kaum reiten können.«

Ich mußte ihr schaudernd zustimmen. Das zerschlagene Bündel Mensch, das da zwischen seinen beiden Bewachern gehangen hatte, war sicher in den nächsten Tagen nicht reisefähig. Mir kam ein Gedanke, der mich meine Angst und Hilflosigkeit ein wenig vergessen ließ.

»Was hieltest du davon, wenn ich Nikals Wunden versorgte?«

Jemaina musterte mich skeptisch. »Wie willst du das anstellen?«

»Ich habe einen Plan.«

Ich machte einen Abstecher in die Küche und schwatzte der Ersten Köchin eine kleine, knusprig gebratene Ente und zwei Krüge Apfelwein ab. Mit diesen Delikatessen erklomm ich die Leiter zum Burgfried. Zum ersten Mal in diesen Tagen war mir das Glück hold: der Wächter des Burgverlieses war der schlaue Bort, ein älterer Wachsoldat, mit dem ich hin und wieder das Kugelspiel spielte. Bort war nicht besonders helle, und ich ließ ihn manchmal gewinnen, worüber er sich immer wie ein Kind freute. Sein rundes Gesicht strahlte wie ein Mond, als er mich erblickte und wie die Sonne, als ich meine Mitbringsel auspackte. Ich sah ihm geduldig bei seinem Schmaus zu. Bort durfte man nicht überfordern; Kauen und Denken zugleich wäre entschieden zuviel von ihm verlangt gewesen. Endlich rülpste er zufrieden, wischte sich das Fett vom Kinn und nahm einen tiefen Zug aus dem Weinkrug. Er grinste und bot mir von dem Apfelwein an. Ich lehnte dankend ab und sah ihn den Krug in wenigen Zügen leeren.

»Was hältst du von einer Partie Kugelspiel?« fragte ich ihn. »Wann hast du Freiwache?«

Er rülpste erneut und schüttelte bedauernd den Kopf. »Bin noch die ganze Nacht hier«, brummte er. »Cal hat mit mir den Dienst getauscht.«

»Na, dann verschieben wir es eben. Wer hat denn morgen hier Wache?«

»Einauge hat die erste Wache und Cal die zweite«, antwortete er. »Und zur Nachtwache bin ich wieder an der Reihe.« Das war es, was ich hatte wissen wollen. Ich verabschiedete mich von Bort und versprach ihm, später noch einmal mit einem Krug Wein vorbeizuschauen.

Jemaina gab mir ohne weitere Fragen alles an Verbänden und Arzneien, was ich benötigte. Ich wickelte die Sachen in eine warme Decke und holte dazu noch eine Wolltunika und eine dicke Jacke aus Nikals Quartier. In den Krug, den ich Bort mitbringen würde, mischte ich eine wohlbemessene Menge von Jemainas wirkungsvollstem Schlafmittel. So ausgerüstet, kletterte ich nach dem dritten Wachwechsel erneut hinauf in den Burgfried. Bort trank den mitgebrachten Wein gierig aus. Nicht lange danach entfiel der Krug seiner Hand, und das Kinn sank ihm auf die Brust. Er begann leise zu schnarchen. Ich wartete noch einen atemlosen Augenblick, um ganz sicher zu gehen, dann ließ ich den Strick an der Haspel ins Verlies hinunter, das ebenerdig hinter den meterdicken Mauern lag. Ich hatte am heutigen Tag die Leiter zum Eingang des Burgfriedes oft genug erklommen, um abschätzen zu können, was auf mich zukam. Aber dieselbe Strecke an einem Strick herabzuklettern, erwies sich als weitaus anstrengender. Das Bündel auf meinem Rücken wurde mit jedem Meter schwerer, und meine Hände begannen bald heftig zu schmerzen. Endlich fühlte ich festen Boden unter meinen Füßen. Mit zitternden Gliedern sank ich in die Knie und versuchte, erst einmal wieder zu Atem zu kommen.

Im Verlies war es so finster, daß ich meine Hand nicht vor Augen sehen konnte, und dazu eisig kalt. Trotz der Kälte roch die Luft muffig und abgestanden. Ich löste mein Bündel und suchte die Talglampe heraus. Doch meinen Feuerstein konnte ich beim besten Willen nicht finden. Ich wühlte und grub und durchsuchte meine Taschen und das Bündel wieder und wieder, aber er blieb verschwunden. Wenn ich mich doch nur an den Zauber erinnern könnte, der den Docht der Lampe zum Brennen bringen würde! Ich hielt die Lampe in der Hand und versenkte mich tief in meinen Geist. Aber es nutzte nichts, die Tafel meiner Erinnerung blieb schwarz und leer. Ich stieß einen erbitterten Fluch aus und blinzelte ungläubig: ein zarter Schimmer drang durch die Dunkelheit und wurde zu einem beständigen Glimmen. Erst schwach, dann immer heller erstrahlte die kleine Lampe und beleuchtete warm meine Hände und einen kleinen Teil meiner unfreundlichen Umgebung. Was auch immer die Lampe entzündet hatte, es war keiner der Zaubersprüche gewesen, die Julian mich so mühsam gelehrt hatte.

Ich verschob die Ergründung dieses Rätsels auf einen späteren Zeitpunkt und hob die Lampe, um mich umzusehen. Ich stand genau unter dem Angstloch, und rund um mich erstreckte sich der weite, leere Raum wie eine riesige Höhle. Der Boden war festgestampfte Erde, von der ein kühler, feuchter Hauch aufstieg. Die dicken Grundmauern des Burgfrieds, die die Wände des Verlieses bildeten, lagen außerhalb der kleinen Lichtpfütze meiner Lampe im Dunkel. Zu meiner Rechten vernahm ich ein Rascheln, dessen Ursprung ebensogut eine huschende Ratte wie ein sich bewegender Mensch sein konnte. Ich wandte mich in die Richtung des Geräusches und stolperte schon nach wenigen Schritten beinahe über ein am Boden liegendes Bündel. Ich kniete nieder und hielt die Lampe darüber. Es war Nikal, der schlafend oder bewußtlos auf der nackten Erde lag. Ich rührte sanft an seine Wange. Sie fühlte sich kühl an, viel zu kühl. Sein Atem war fast nicht zu spüren.

Entschlossen, wenn auch ein wenig furchtsam, breitete ich Jemainas Utensilien aus. Ich zerschnitt mit einem scharfen Messer eine der Bandagen und füllte Wasser in eine Schale. Dann begann ich vorsichtig, wie ich es gelernt hatte, seine Wunden von dem anhaftenden Schmutz zu säubern. Zum Glück erwachte er während dieser schmerzhaften Prozedur nicht aus seiner Bewußtlosigkeit.

Endlich schien mir sein Rücken hinreichend gesäubert zu sein, um ihn verbinden zu können. Ich goß das blutige Wasser fort und füllte die Schale mit der alkoholischen Essenz, die dafür sorgen sollte, daß die Wunden sich nicht entzündeten. So behutsam, wie es mir möglich war, betupfte ich damit seinen Rücken. Nikal murmelte etwas und bewegte schwach eine seiner schlaff daliegenden Hände. Ich sprach ihn leise an, um ihn nicht zu erschrecken. Doch er regte sich nicht wieder, sein Atem ging so leise und gleichmäßig wie zuvor.

Mit dem Handrücken wischte ich ungeduldig eine kitzelnde Haarsträhne aus meiner Stirn und fuhr mit meinem Werk fort. Ich befestigte den Verband notdürftig mit einigen Bandagen, damit er nicht sofort wieder verrutschte, und wollte dann versuchen, Nikal etwas komfortabler zu lagern. Ich fühlte am Hals nach seinem Pulsschlag, als mich ein eisenharter Griff am Handgelenk packte. Ehe ich mich versah, lag ich auf dem Rücken, bewegungsunfähig, mit Jemainas schärfstem Messer an meiner Kehle. Über mir schwebte Nikals zerschlagenes Gesicht. Schweiß perlte auf seiner Stirn und hing in den grauen Bartstoppeln. Die Augen eines Fremden blickten mit tödlicher, wahnwitziger Ruhe auf mich herab.

»Nik, ich bin es«, krächzte ich verzweifelt. Ich fühlte das Messer meine Haut ritzen, und ein Tropfen Blut rann warm und kitzelnd herab zu meinem Ohr. Der wahnsinnige Fremde mit dem Gesicht meines alten Freundes zögerte, aber sein schraubstockfester Griff lockerte sich nicht. Ich rang ein Schluchzen nieder, das ich in mir aufsteigen fühlte, denn die kleinste Bewegung reichte jetzt aus, damit ich mir selbst die Kehle durchschnitt. Aus meinen Augen liefen Tränen, während ich Nikal ansah. Nichts in seinem Gesicht deutete auf Erkennen oder wenigstens Erbarmen hin; seine Stirn war in krampfhaftem Nachdenken gerunzelt, und aus seinen eisigen Augen blickte ein ferner, bösartiger Geist. Mich überlief ein unkontrolliertes Schaudern. Diese minimale Bewegung reichte aus, um die Klinge tiefer in mein Fleisch zu treiben und dem ersten Tropfen ein kleines, aber stetiges Blutrinnsal hinterherzuschicken. Ich mußte mir auf die Lippen beißen, um nicht vor Panik zu schreien.

Endlich kam mein Peiniger zu einem Entschluß. Er murmelte etwas in einer Sprache, die ich nie zuvor gehört hatte, dann warf er das Messer beiseite und legte seine Hände um meinen Hals. Ich brachte noch einmal flehend seinen Namen über meine Lippen, bevor er mir unbarmherzig die Luft abdrückte. Schwärze, tiefer als die Dunkelheit des Verlieses, umfing mich und löschte meine Angst und meinen Schmerz aus.

Als ich wieder zu mir kam, war ich allem Anschein nach alleine. Nikal hatte mich gefesselt und geknebelt zurückgelassen, und die Knoten der Bandagen schienen äußerst fachmännisch geknüpft zu sein. Ich beruhigte meinen Atem und lag ganz still. Vorhin war mir – wie auch immer – das Entzünden der Lampe geglückt, vielleicht gelang es mir nun, meine Fesseln zu lösen. Wie ich es gelernt hatte, leerte ich meinen Geist und schlüpfte in die Knoten des Stoffes um meine Handgelenke. Es war wie zuvor: Keine der gelernten Zauberformeln stand zu meiner Verfügung. Aber trotzdem geschah etwas mit den Knoten, sie bewegten sich, glitten auseinander, und die Fesseln fielen lose von meinen Händen.

Ich tastete den Boden ab, und meine suchenden Finger stießen auf einige von Jemainas Gerätschaften. Die Decke, Nikals Kleider, der Wassersack, das Messer und die Lampe hingegen schienen fort zu sein. Nikal hatte mit Sicherheit den rettenden Strick wieder hochgezogen, damit seine Flucht möglichst lange unentdeckt blieb. Bis eine der Wachen hier herabstieg, um nach dem Gefangenen zu sehen, war er sicher längst über alle Berge.

Also versuchte ich erneut mein Glück und rief mit meiner inneren Stimme nach Julian. Wenig später verspürte ich seine fragende Anwesenheit in meinem Geist. Ich erklärte ihm in Gedankenschnelle die Lage. Es überraschte mich, ihn in meinem Kopf amüsiert lachen zu hören.

Was schlägst du vor? fragte er.

Nimm dir ein Pferd und hole Nikal ein. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich bewußtlos war, aber es kann nicht allzulange gedauert haben. Sei vorsichtig, er ist nicht er selbst. Die Gedankenverbindung begann mich zu ermüden. Deshalb fügte ich noch schnell hinzu: Und bitte, sag Jemaina Bescheid, daß ich hier unten festsitze. Sie muß mich unbedingt rausholen, ehe Bort wieder aufwacht.

Julians Lachen klingelte durch meinen Geist, und er übermittelte seine Zustimmung. Dann brach die Verbindung ab, und ich sank übergangslos in einen erschöpften Schlaf.

Wir standen am sonnenbeschienenen Flußufer und hielten uns an den Händen. Ihre Schulter lag an meiner, und unsere verschlungenen Hände glichen sich so sehr, daß ich nicht unterscheiden konnte, welche Finger zu ihrer Hand gehörten und welche die meinen waren. Schweigend gingen wir den Treidelpfad entlang – hier bin ich schon einmal mit jemandem gegangen, glitt ein Gedanke wie ein kleiner silbriger Fisch durch meinen Kopf und war fort. Ich wandte den Kopf und sah sie an. Sie schaute ernst vor sich hin, aber als sie meinen Blick spürte, drehte sie sich zu mir, und ein Lächeln erhellte ihr sommersprossiges Gesicht. Erneut hatte ich das verwirrende Gefühl, in einen Spiegel zu sehen, nur daß dieses Spiegelbild unzweifelhaft das einer Frau war.

»Wie kann ich dich finden?« fragte ich.

»Du kannst mich erst finden, wenn du dich aufgemacht hast, mich zu suchen. Bitte, Elloran, warte nicht zu lange. Sie wollen uns trennen, und es wird ihnen gelingen, wenn du zögerst.« Ihre Miene wirkte angespannt und ein wenig ängstlich. »Elloran, uns bleibt nicht mehr viel Zeit!«

Ein Schauer überlief mich, und ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Meine rechte Hand sandte mir seltsame Zeichen. Ich blickte hinab, und dort, wo eben noch zwei Hände gewesen waren, die einander festhielten, entdeckte ich jetzt nur noch eine einzige, an einem einzigen Arm, der uns beiden gemeinsam zu gehören schien. Ich erkannte meine Hand und meinen Arm; und dennoch waren es zugleich die schlanken Glieder meiner Traumschwester. Noch während ich ungläubig hinblickte, setzte sich die seltsame Verschmelzung fort. Ich fühlte ein Ziehen in unserem Oberschenkel und sanften, unerbittlichen Druck an meiner Hüfte, dann schmiegte sich ihr Ohr an meines, und ich war nicht mehr in der Lage, unseren Kopf zu bewegen. Meine Sicht verdoppelte sich auf schwindelerregende Weise. Eine Zeitspanne völliger Verwirrung folgte, in der ich nicht mehr wußte, wer, was oder wo ich war. Ich kehrte in meinen Körper zurück und hatte die ungewohnte, erregende Empfindung, kleine, aber unverkennbar weibliche Brüste zu besitzen; ich war Elloran, war meine Schwester und war doch beides nicht, und dann war es vorbei.

Grobe Fäuste rüttelten mich, und eine rauhe, wütende Stimme riß mich aus meinem Schlummer. Ich wurde unsanft auf die Füße gezerrt und zum Ausgang geschleift.

Oben erwartete mich mein Vater. Er schlug mir heftig ins Gesicht und befahl heiser, mich zu seinem Arbeitsraum zu bringen. Ich war gegen seinen Befehl in das Verlies eingedrungen, nachdem ich eine seiner Wachen betäubt hatte, und hatte mich von Nikal überrumpeln lassen. Das gab ihm sicherlich jedes erdenkliche Recht, mich zur Rechenschaft zu ziehen.

Nikals Stellvertreter Ioann trat ein. Er salutierte zackig und meldete: »Der Gefangene scheint die Burg verlassen zu haben. Der Stallmeister vermißt den grauen Hengst. Soll ich einen Suchtrupp aussenden, domu

Mein Vater starrte ihn aus blutunterlaufenen Augen an. In diesem Moment sah er aus wie ein vor Wut rasender Bär. Er schlug unbeherrscht mit der Faust gegen die Wand und brüllte: »Verdammt soll er sein! Du schickst zwei Suchtrupps aus, Ioann, und einen davon leitest du selbst! Ich will ihn wiederhaben, lebend oder tot. Hast du mich verstanden? Es ist mir gleich, ob du ihn in kleinen Stücken bringst, aber du bringst ihn mir zurück!« Ioann wurde bleich. Er nickte stumm, salutierte wieder, diesmal etwas weniger zackig und verließ das Zimmer fast im Laufschritt.

Morak schien sich inzwischen etwas beruhigt zu haben. Er griff nach einem Schreiben, das auf seinem Tisch lag.

»Die Krone erweist mir die Ehre, meinen Sohn an den Hof einzuladen«, sagte er. »Ist es nicht bedauerlich, daß mein Sohn nicht in der Lage sein wird, dieser Einladung Folge zu leisten?« Er zerriß das Schreiben vor meinen ungläubigen Augen in kleine Fetzen und ließ die Schnipsel zu Boden rieseln.

»Du hast noch sehr viel zu lernen, ehe ich dich eine solche Reise antreten lasse, Elloran«, fuhr er, sich niedersetzend, fort. »Hast du mir irgend etwas zu sagen, mein Sohn?«

»Was soll ich sagen? Es tut mir nicht leid, daß Nik entkommen ist, ehe du ihn ...« Meine trotzigen Worte blieben mir im Halse stecken. In den Augen meines Vaters stand unverhüllter Haß.

»Nein, es tut dir nicht leid«, knurrte er. »Wollen wir doch einmal sehen, ob sich an dieser bedauerlichen Tatsache nicht etwas ändern läßt.« Er ging zur Tür, riß sie auf und brüllte nach der Wache.

»Schaff meinen Sohn zu den Ställen hinüber und sag Hjelvor, daß er einen neuen Stalljungen hat«, befahl er dem Soldaten. »Er soll nicht auf die Idee kommen, ihn zu schonen. Es ist höchste Zeit, daß der junge Herr ein paar Schwielen an seinen zarten Händchen bekommt.« Ich rechnete es dem Mann hoch an, daß er nicht grinste. Er griff nach meinem Ellbogen und schob mich sanft zur Tür hinaus.

Hjelvor, unser schwarzbärtiger Stallmeister, kratzte sich verlegen am Kopf, als er die Anweisungen meines Vaters vernahm. Er musterte mich vom Kopf bis zu den Füßen und seufzte.

»So, wie du aussiehst, brauchst du vor allem eine gründliche Wäsche und eine Mütze voll Schlaf, Junge.« Er klopfte mir auf die Wange. »Geh, ich will dich erst morgen früh hier sehen. Aber pünktlich, eine Stunde vor dem ersten Wachwechsel!«

Das einzig Gute an meiner neuen Tätigkeit war, daß ich nun jeden Abend todmüde in mein Bett fiel und traumlos durchschlief. Die einzige Ausnahme bildete die zweite Nacht nach Nikals Flucht. Ich wurde wach, weil mich jemand rief. Auf dem Fenstersims hockte Magramanir und schlug aufgeregt mit den Flügeln. Als sie sah, daß ich wach war, flatterte sie auf meine Schulter und öffnete den Schnabel.

»So ist es einfacher«, erklang Julians Stimme, leise und weit entfernt, aber sehr klar zu verstehen. »Für eine längere Gedankenverbindung bin ich zu müde. Kannst du mich verstehen, Elloran?«

»Klar und deutlich«, erwiderte ich. »Was ist mit Nik, hast du ihn gefunden?«

»Deshalb melde ich mich. Ich habe ihn eingeholt und bringe ihn jetzt zur Stadt.«

»Hat er Schwierigkeiten gemacht?«

»Ja, zuerst schon. Aber seine Verletzungen haben ihn sehr geschwächt, er ist im Augenblick nicht in der Lage, mir ernsthaft Widerstand zu leisten. Ich melde mich wieder bei dir, wenn wir in Sicherheit sind.«

Magramanir hüpfte von meiner Schulter und flog aus dem Fenster. Einigermaßen beruhigt, daß Nik in Julians Obhut war, schlief ich schnell wieder ein.

Meine Tage waren öde und ermüdend: Vor dem Morgengrauen hinaus, Ställe ausmisten, das Vieh füttern, Pferde striegeln, die Kühe melken – es gab mehr als genug Arbeit in den Stallungen der Burg. Zur Krönung des Ganzen ließ der dicke Bernak keine Gelegenheit aus, mich mit meiner neuen Stellung aufzuziehen. Zwar schluckte ich all seine Beleidigungen hinunter, aber es fiel mir von Mal zu Mal schwerer.

Mein Vater schien die Absicht zu hegen, mich für den Rest meines Lebens im Stallmist versauern zu lassen. Ellemir, die ich um Rat und Hilfe bat, schüttelte nur gereizt den Kopf. »Das hast du dir selbst eingebrockt, Elloran. Sieh zu, wie du da wieder herauskommst.«

Also biß ich die Zähne zusammen und schaufelte weiter Mist.

Der Frühling ging vorüber, meine Hände zierten harte Schwielen, und die Muskeln meiner Schultern und Arme hatten sich prächtig entwickelt. Nikal wäre stolz auf mich gewesen. In diesen Wochen änderte sich der Zustand des bedauernswerten Reuven weder zum Besseren noch zum Schlechteren. Er lag weiterhin still und bleich in Jemainas Krankenzimmer; ohne Bewußtsein im Schattenreich zwischen Leben und Tod schwebend.

Julians geflügelte Botin erschien erneut in der Siebtwoche des Frühlings: Julian war mit seinem Schützling sicher und wohlbehalten in der Stadt eingetroffen. Alles weitere stand in den Sternen.