Neulich habe ich in der Vierteljahresschrift des Komitees für die wissenschaftliche Erforschung paranormaler Behauptungen geblättert – ich weiß nicht, haben Sie die im Abo? Nein? Sollten Sie aber, wirklich –, und ich bekam einen solchen Lachkrampf, daß sich der Kellner mit einem Handtuch, einem Glas Wasser, einer Widerrufserklärung und einem feuchten Erfrischungstuch mit Zitronenaroma meiner annehmen mußte. Ich sollte noch erwähnen, daß ich in einem taiwanesischen Restaurant saß, als ich dieses unschätzbare Werk mit dem Titel ›Skeptical Inquirer‹ las. Es hat sich darauf spezialisiert, auf elegante und unbarmherzige Weise den Schrott von ASW aus dem Weg zu schaffen, Astrologie, Geister, UFOs, Löffelbiegen und ähnlichen Kappes und Kokolores. Neben dem amerikanischen gibt es auch ein britisches Journal, das sich zu Ehren seines transatlantischen Pendants ›Skeptic‹ schreibt.
Ich kann meine Verachtung kaum verhehlen … nein, Verachtung ist nicht das richtige Wort … die Mischung von Kummer, Zorn, Mitleid und Ekel kaum verbergen angesichts der florierenden Industrie der Paranormalen und der mit ihr einhergehenden irrationalen Melange aus Geheimniskrämerei und Pseudowissenschaftlichkeit. Einerseits wollen Astrologen und Scharlatane jeglicher Couleur uns weismachen, daß »die Wissenschaft nicht alles weiß; es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, ihr Wichser, als eure Schulweisheit sich träumen läßt«, und andererseits erklären sie hastig, ihre albernen kabbalistischen Tabellen wären in Übereinstimmung mit genauesten wissenschaftlichen Methoden erstellt worden, und »viele bedeutende Wissenschaftler und Politiker (namenlos, immer namenlos) sind hundertprozentig davon überzeugt«. Da ich beruflich viel mit Schauspielern zu tun habe, wo man permanent dem rasenden Gefasel von Vitaminen und Bachblütenessenzen, von Homöopathie, Kristallen, Tierkreiszeichen und ganzheitlicher Balance ausgesetzt ist, fällt es mir zuweilen schwer, auf solche Behauptungen angemessen zu reagieren und gleichwohl die gepflegte, zuvorkommende Höflichkeit der Alten Welt zu wahren, die die Herzen gewinnt und unschöne Szenen vermeidet.
Um so erfrischender ist dann die Entdeckung einer Zeitschrift, die auf meiner Linie liegt. Ich fühle mich wie ein armer, einsamer, alter Perverser, der erfährt, daß die ›Müllbeutelphantasien‹ wöchentlich erscheinen oder es die ›Gazette des Nippelpiercens‹ gibt: Ich bin nicht allein.
Die Auflage von Astrologie- und UFO-Zeitschriften wird der ›Skeptical Inquirer‹ nie erreichen; für den sogenannten negativen oder kopflastigen Ansatz des rationalen Skeptizismus gibt es keinen Markt. In Wirklichkeit jedoch sind die Skeptiker enorm aufgeschlossen. Die Liste der Physiker, Psychologen und Philosophen, die für diese Zeitschrift schreiben, ist einfach beeindruckend, aber sie sind bestimmt aufgeschlossener für die wunderbaren Geheimnisse des Universums als jene, die da glauben, der Kosmos könne so launisch und unsinnig sein, beispielsweise Telepathie zu ermöglichen, die dem zweiten Gesetz der Thermodynamik zuwiderliefe, ein Prinzip, das weit schöner und geheimnisvoller, gleichzeitig aber auch beweisbarer ist als der ganze Quark der ASW.
Im ›Skeptical Inquirer‹ vom letzten Quartal fand sich eine wunderbare Attacke gegen jene Flachpfeifer, die behaupten, die neue Chaosphysik stelle alles in Zweifel und beweise, daß in einem nach dem Zufallsprinzip organisierten Universum alles erlaubt sei. Ein Artikel von Isaac Asimov über die Relativität des Falschen räumte mit dem Trugschluß auf, daß alles, was Wissenschaftler heute denken, sich eines Tages als falsch herausstellen müsse.
Der lustigste Beitrag jedoch berichtete von einer urkomischen amerikanischen Fernsehshow, in der (live!) psychische Kräfte erforscht werden sollten. Auf dem Spiel standen 100 000 Dollar, die auf der Stelle demjenigen Medium, Astrologen oder sonstigen Bewerber ausgehändigt werden sollten, der seine »Kräfte« unter Bedingungen beweisen konnte, denen er selbst zugestimmt hatte. Uri Geller war natürlich dabei, ließ sich aber nicht prüfen: jeder Trick, den er vormachte, wurde sofort von meinem großen Helden, dem kanadischen Zauberkünstler James Randi, wiederholt. Wie der ›Inquirer‹ so treffend bemerkte: »Randi war in der Offensive. Er verteidigte mit all seinem Wissen und Geschick als Skeptiker, Zauberer und denkendes menschliches Wesen die Vernunft gegen das Schwachmatentum und präsentierte paranormalen Behauptungen die argwöhnische, skeptische Rechnung.« Randi eröffnete die Show, indem er einen Menschen schweben ließ, scheinbar ohne jede Anstrengung Löffel verbog und die Zeit auf der Uhr des Betrachters verstellte, die auf dem Tisch lag – ausnahmslos Gellers alte Kabinettstückchen.
Danach ging der Spaß erst richtig los: Als erster Bewerber kam ein Astrologe, der »berühmt« dafür war, daß er den Leuten auf den ersten Blick ihr Sternzeichen sagen konnte. Er hatte mit zwölf Leuten gesprochen, alle gleich alt (plus/minus drei Jahre) und alle mit verschiedenen Sternzeichen. Wenn er zehn Sternzeichen richtig zuordnen konnte, sollte er sofort 100 000 Dollar gewinnen. Er schaffte keins. Statistisch gesehen unwahrscheinlich, daß jemand dermaßen unfähig ist, ich weiß, aber er schaffte null von zwölf. Zilch. Gar nichts.
Dann wurden einer ASW-Herausforderin 100 000 Dollar angeboten, falls sie es schaffen sollte, von 250 korrekten Anrufen 82 mit Zener-Karten (diese Wellenlinien-/Kreuz-/ Kreis-/Quadrat-/Sterntypen) herauszufinden. Sie schaffte fünfzig, genau den Wahrscheinlichkeiten entsprechend. Die »Psychometrie«-Bewerberin sollte durch das »Erfühlen« der psychischen Resonanzen von Objekten Personen ihre Schlüssel und Uhren zuordnen. Bei neun von zwölf, hatte man vorher verabredet, sollte sie den Preis bekommen. Sie schaffte zwei. Die 100 000 Dollar wurden an jenem Abend nicht ausgegeben, und der gesunde Menschenverstand triumphierte.
Ach, täte er’s doch auch im richtigen Leben. Trotzdem: ich bleibe Optimist, wie jeder gute Schütze.